Für das Volkstheater ist der Vorhang gefallen, bevor er sich überhaupt gehoben hat. „Es zeigt sich wieder, dass wir machtlos sind“, sagt Intendant Christian Stückl. Er hätte ab Donnerstag öffnen wollen. „Jetzt müssen wir alles nach hinten verschieben. Die Mitarbeiter müssen zum Teil wieder in Kurzarbeit.“ Denn: Theater, Kinos, Außenbereiche der Gastronomie und auch Fitnessstudios bleiben geschlossen. Das teilte OB Dieter Reiter (SPD) gestern mit. Ursprünglich war geplant, ab Montag weitere Öffnungen zuzulassen, zum Teil für Besucher mit Anmeldung und tagesaktuellem Schnelltest.
Mitentscheidend für Lockerungen ist die Sieben-Tage-Inzidenz. Diese liegt in München bei 68,8. Bei einem Wert zwischen 50 und 100 wäre es möglich, eben Theater, Kinos und Biergärten zu öffnen. Jedoch soll auch die Tendenz berücksichtigt werden. Die Rede ist von einer „stabilen Entwicklung“. Wie genau das definiert ist, hat Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) auf Anfrage des OB-Büros ausgeführt. In dem Schreiben heißt es: „Hat es im Verlauf der vergangenen 14 Tage einen im Wesentlichen kontinuierlichen, gegebenenfalls auch leichten Anstieg der Infektionszahlen gegeben, so kann von einer stabilen Entwicklung in der Regel nicht ausgegangen werden, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall die Annahme rechtfertigen, dass es keinen weiteren Anstieg geben wird.“ Für München bedeutet das: Es kann keine weiteren Öffnungen geben, da die Infektionszahlen sogar schon seit vier Wochen kontinuierlich steigen.
Damals lag die vom Robert-Koch-Institut gemeldete Inzidenz noch bei 28,5. Vor zwei Wochen betrug sie 45,6. Hinzu kommt, dass immer mehr Verdachtsfälle auf eine besorgniserregende Virusvariante gemeldet werden, sprich: Es verbreitet sich zunehmend auch die gefährlichere britische Virusvariante. Von den seit dem 5. Februar analysierten Proben ist bei 68,6 Prozent von einer Mutation auszugehen. Reiter spricht von einer dynamischen Entwicklung des Infektionsgeschehens. Es sei nicht auszuschließen, „dass schon in absehbarer Zeit bei einem Inzidenzwert über 100 die Notbremse in Kraft tritt und dann alle Lockerungen wieder rückgängig gemacht werden müssten“.
Derweil stellte das Gesundheitsministerium klar, dass auch in Kreisen, die stabil niedrige Inzidenzwerte vorweisen, keine Lockerungen möglich seien. Schließlich sei zu erwarten, dass der Inzidenzwert im gesamten Freistaat den Wert von 100 in den kommenden Tagen übersteigen wird.
Neben der Kulturbranche trifft diese Entscheidung auch die Gastronomie, die sich bereits auf die Öffnungen vorbereitet hat. „Das ist eine große Enttäuschung“, sagt der Sprecher der Innenstadtwirte und Wirt vom Augustiner Klosterwirt, Gregor Lemke. Er hätte ab Montag wieder geöffnet. „Uns wird immer eine Karotte vor die Nase gehalten, die wir gar nicht erreichen können.“ Er fordert klare Perspektiven, bevor noch mehr Betriebe den Bach runtergehen. „Ich muss jetzt die bereits bestellten Waren wieder abbestellen und die Mitarbeiter wieder in Kurzarbeit schicken. Das ist in der ohnehin schon angespannten Situation jetzt der betriebswirtschaftliche Mega-Gau.“