Heute ist es so weit: In den bayerischen Hausarztpraxen wird die Impfpriorisierung aufgehoben. Bundesweit ist das erst am 7. Juni der Fall. Das heißt: Jeder, der will, kann sich impfen lassen – egal, wie alt er ist. Theoretisch jedenfalls.
Die meisten Arztpraxen werden die Reihenfolge nämlich beibehalten. Darum bittet auch die Kassenärztliche Vereinigung. Denn begrenzender Faktor ist nach wie vor der Impfstoff. Daher warnen Kassenärzte davor, dass Praxen sich wegen Impfstoffmangels aus der Impfkampagne ausklinken. Denn wer weniger Dosen als versprochen bekommt, muss Termine telefonisch absagen – ein Mordsaufwand.
Da ist die Aufhebung der Priorisierung eine kleine Erleichterung für die Hausärzte, da die aufwendige Verwaltung wegfällt. „Es war viel Stress und nicht mehr machbar, genau abzuklären, wer alles zur Gruppe 3 gehört“, sagt Dr. Georg-Eike Böhme, Inhaber der Praxis „Hausärzte im Lehel“. Für die Öffentlichkeit hält er es aber für ein falsches Signal. „Das ist nicht wirklich geplant und kommt just in der Woche, in der wir keinen Biontech-Impfstoff für die Erstimpfung bekommen.“
Die Telefone klingeln in den Praxen pausenlos. Manche haben daher neues Personal eingestellt oder Extra-Telefonnummern für die herkömmlichen Patienten eingerichtet. „Dass die ihren Arzt nicht mehr erreichen, ist eine Gefahr der Aufhebung der Priorisierung“, sagt Böhme.
Ohne das Online-Buchungsportal würde in den Hausarztpraxen am Baldeplatz und am Glockenbach nicht mehr viel gehen. „Händisch können wir das als Hausarztpraxis nicht machen“, sagt Praxisinhaber Dr. Philipp Gross. Die Nachfrage ist groß – auch nach Astrazeneca. „Wenn wir 50 Termine online stellen, sind die nach einer Stunde weg.“ Übrig bleibt nichts. Große Planungen sind schwierig. „Wir schauen von Woche zu Woche“, sagt Gross.
Ohne Priorisierung impft ab heute Hausarzt Dr. Ahmad Sirfy. Wer zuerst bucht, bekommt den Termin. Das läuft online: „Ich finde es gut, dass die Priorisierung fällt, hätte mir aber mehr Vorlaufzeit gewünscht.“ Dabei kommt noch mehr auf die Hausärzte zu, da sich die Impfzentren bis 7. Juni auf Zweitimpfungen konzentrieren. Eine gute Nachricht gibt es aus dem städtischen Gesundheitsreferat. „Alle bereits ausgemachten Termine für Erstimpfungen finden statt, es wird nichts abgesagt“, teilte eine Sprecherin mit. In welchem Umfang die Erstimpfungen zukünftig im Impfzentrum stattfinden können, hänge von der Lieferung der Impfstoffe ab. 347 863 im Impfportal registrierte Münchner warten derzeit auf ihren Termin.