Die Ereignisse überschlagen sich: Erst sind am Freitag nach einem Kabelbrand auf einer Baustelle 20 000 Haushalte im Münchner Osten plötzlich vom Strom abgeschnitten. Dann meldet die Polizei, es gebe Hinweise auf Brandstiftung – und nun ist im Internet ein Bekennerschreiben aufgetaucht (siehe Seite 1).
Was es damit auf sich hat, ist bisher schwer einzuordnen. Die Polizei gibt noch keine Einschätzung ab. Als Anlass für ihre Tat nennen die Unbekannten auf der Plattform „Indymedia“ die umstrittene Entscheidung für eine Rodung im Forst Kasten (wir berichteten). Dort hatten Klimaaktivisten seit Dienstag friedlich demonstriert. Ingo Blechschmidt (32), einer der Baumbesetzer im Forst Kasten, distanzierte sich gestern gegenüber unserer Zeitung von dem Anschlag: „Unsere Symbolsprache sind Baumhäuser. Wir protestieren friedlich, mit Stromausfällen haben wir nichts am Hut.“
Die Verfasser des Bekennerschreibens klagen nicht nur die aktuelle Stadtratsentscheidung an. Das primäre Ziel sei der Elektronikkonzern Rohde & Schwarz am Münchner Ostbahnhof gewesen. Das Unternehmen verkauft unter anderem Kommunikationstechnik an die Bundeswehr. Die Stadtwerke betreiben ein Kohlekraftwerk, die Stadt hält Anteile am Atommeiler Isar 2. „Deshalb werden wir auch in Zukunft ihre Infrastruktur angreifen“, drohen die Unbekannten. Am Ende des Schreibens steht zudem „IAA angreifen“. Gemeint ist die Internationale Automobilausstellung, sie soll heuer erstmals in München stattfinden.
Auch die Münchner Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) hat am Montag von dem Bekennerschreiben erfahren. Sie wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen, sagte sie auf Nachfrage. „Die Sache liegt nun in den Händen der Polizei. Man muss abwarten, was dabei heraus kommt.“
Die Umstände des Kabelbrands erinnern an frühere Anschläge auf Mobilfunkmasten im Stadtgebiet. Dazu sagt Polizeisprecher Andreas Franken: „Ob ein Zusammenhang des aktuellen Falls mit früheren besteht, können wir derzeit nicht sagen.“ Bis Samstagnachmittag hatte es gedauert, bis die Stadtwerke (SWM) die betroffenen Stadtteile Haidhausen, Berg am Laim und Ramersdorf wieder vollständig mit Strom versorgen konnten. 50 Stromkabel wurden zerstört. Die Reparaturarbeiten dauern an. LAURA FELBINGER