Corona nistet sich in Kitas ein

von Redaktion

VON DANIELA POHL UND SASCHA KAROWSKI

München – Zwischenzeitlich waren 24 Gruppen von Kindertagesstätten wegen positiver Corona-Tests geschlossen. Das geht aus einem Protokoll des Städtischen Krisenstabs hervor, das unserer Zeitung vorliegt. Bemerkenswert: Rund die Hälfte der Schließungen soll auf ungeimpftes, positiv getestetes Personal in den Kitas zurückzuführen sein. Tendenz steigend: Die wöchentliche Abfrage der infizierten Beschäftigten spiegle einen „deutlichen Anstieg“ wider, heißt es im Protokoll.

Laut Gesundheitsreferat waren Stand gestern 17 Kinder und fünf Mitarbeiter in Münchner Kitas infiziert. Ein Anstieg zur Vorwoche: Vergangenen Freitag waren es zehn positiv getestete Kinder und drei positiv getestete Mitarbeiter. Eine Liste der geschlossenen Einrichtungen/Gruppen ist auf der Stadtseite abrufbar – derzeit sind 16 Einrichtungen betroffen. Am Freitag waren es acht Einrichtungen. Bei der Frage, ob ungeimpftes, positiv getestetes Kita-Personal tatsächlich für einen Großteil der Schließungen verantwortlich ist, hält sich das Referat bedeckt. „Der Impfstatus des positiv getesteten Kita-Personals wurde bisher statistisch nicht ausgewertet“, heißt es.

Die Debatte um eine Impfpflicht ist in Deutschland längst in vollem Gange. Der Druck auf die Politik wächst. Unsere Nachbarländer greifen teilweise bereits hart durch. So gibt es seit vergangener Woche in Frankreich eine Impfpflicht für das Pflege- und Gesundheitspersonal. Wer sich ziert, wird vorerst suspendiert. Italien schreibt ab Mitte Oktober allen Beschäftigten eine Impfung oder Corona-Tests vor.

In München ist man noch zögerlich – viele Politiker plädieren eher für intensives Werben und Tests. „Wir setzen auf niedrigschwellige Impfangebote und Aufklärung, nicht auf Zwang“, betont etwa Klaus Peter Rupp (SPD). Gleichzeitig müssten aber alle Menschen in den Kitas und Pflegeeinrichtungen geschützt werden, die Mitarbeitenden genauso wie die Senioren und die Kinder. „Deshalb ist für uns auch klar, dass sich diejenigen, die nicht geimpft sind, engmaschig testen lassen müssen“, so Rupp. „Es wäre keinem geholfen, wenn durch eine übereilte Impfpflicht impfkritische Pflegekräfte oder Kita-Betreuer für immer aus den Mangelberufen vertrieben würden“, meint auch CSU-Vize Hans Theiss. Sollten die Infektionszahlen trotzdem exzessiv steigen, müsse eine Impfpflicht aber „zumindest diskutiert“ werden.

Sebastian Weisenburger von den Grünen kann sich eine Impfpflicht für bestimmte Berufe vorstellen. „Es muss aber sichergestellt sein, dass die Betreuung dann auch noch passt“, betont er. Er könne in München nicht Kitapersonal, das sich nicht impfen lassen möchte, nach Hause schicken. Die Personaldecke sei ohnehin schon auf Kante genäht.

„Die Frage ist, ob eine Impfpflicht zur Gefahrenabwehr hinreichend geeignet ist“, sagt Dr. Volker Rieble, Jura-Professor an Ludwig-Maximilians-Universität München. Aus seiner Sicht ist das nicht der Fall. Das Problem: Geimpfte können das Virus nach wie vor übertragen. Anders ist das übrigens bei Masern – Geimpfte übertragen nur sehr selten die Masernviren. Eine Masern-Impfpflicht für Menschen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen gilt sei März 2020. Auch der Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung würde eine Impfpflicht rechtfertigen, meint Rieble. „Aber dann müssten wir entsprechende Krankenhauszahlen haben. Aber die haben wir im Moment auch nicht.“ Zum Glück.

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