Hier rollt die Hilfe ins Kriegsgebiet

von Redaktion

100 Münchner sind in einem Konvoi unterwegs in Richtung Kiew

VON NADJA HOFFMANN

Es ist Punkt 13.30 Uhr, als es auf dem Hof von Harry Hoyler, Chef des Vereins Helferschwein, laut wird. Motoren heulen auf, es wird gehupt, ein Martinshorn ertönt. Nach fünf Tagen Vorbereitung setzt sich die Hilfskolonne für die Ukraine von Moosinning aus in Bewegung. Es sind Autos mit Anhängern, Sprinter, Lastwagen und ein Reisebus. Der 40-Tonnen-Sattelschlepper, der stundenlang beladen wurde, ist schon unterwegs in Richtung Osten. Mit fünf Stunden Vorsprung fährt er über Regensburg, Hof, Görlitz und Krosno an die polnisch-ukrainische Grenze. Dort soll ein riesiges Unterstützungspaket an eine Helferorganisation aus der Ukraine abgegeben werden. Der Zielort: Kiew, die ukrainische Hauptstadt, die mitten im Kriegsgebiet liegt.

„Es gibt eine Absprache mit der dortigen Regierung“, sagt Roland Hefter. Der Münchner SPD-Stadtrat ist zusammen mit seinem Stadtrats-Kollegen Felix Sproll von der Volt-Fraktion mit an Bord, fährt einen der Sprinter. Insgesamt 100 mutige Menschen aus München und Umgebung nehmen an dem Hilfskonvoi teil. Felix Sproll sagt: „Ich wollte nicht nur in München Hilfe koordinieren, sondern die Möglichkeit ergreifen, auch vor Ort im Krisengebiet zu helfen. Mir ist es sehr wichtig, die Situation dort zu sehen.“ Menschen ins sichere München zu bringen, sei das beste Ziel der Aktion. Roland Hefter ergänzt: „Zum einen macht es uns froh, dass wir direkte Hilfe leisten und etwas für die Menschen tun können. Zum anderen gibt es eine riesige Dankbarkeit für die Unterstützung aus der Gesellschaft. Sie motiviert uns.“

Tatsächlich ist die Unterstützung, die die Helfer im Vorfeld bekommen haben, enorm. „Es ist Wahnsinn, was hier seit Samstag los war“, sagt Armin Landshammer vom Helferschwein-Verein. 300 Kubikmeter Hilfsgüter haben Spender auf den Hof von Hoyler in Moosinning gebracht. Darunter ein Großteil medizinischer Ausrüstung wie Wundverbände, Schmerzmittel, Jod. Der Emergency Service des Roten Kreuzes hat einen eigenen Sprinter vollgepackt und schickt ein eigenes Team an die polnisch-ukrainische Grenze. „Allein Samstag und Sonntag haben wir 200 Überweisungen via PayPal bekommen“, sagt Landshammer. Insgesamt 30 000 Euro an Spenden sind zusammengekommen. „Ein Mann aus Niederbayern hat uns einfach 6000 Euro Spritgeld gegeben“, sagt Landshammer.

40 Fahrzeuge, die an verschiedenen Orten gestartet sind, gehören zur Hilfsaktion. Ziel ist es, bis zum frühen Donnerstagmorgen an der polnischen Ostgrenze in der Nähe der ukrainischen Stadt Lemberg anzukommen. Dort soll der Reisebus im Konvoi dann Passagiere für die Rückfahrt bekommen – Flüchtlinge, die an der Grenze gestrandet sind.

„Ich wünsche euch alles Gute für eure Reise“, sagte Kreisdekan Michael Bayer. Der Pfarrer war kurz vor der Abfahrt auf den Hof nahe Erding gekommen. Er betete mit den Konvoi-Teilnehmern und wünschte sich, dass die Ukraine schnell zur Ruhe kommt. „Wir werden zerrissen von Bildern des Krieges“, mahnte der Kreisdekan zum Frieden.

Für einen Moment wurde es ganz ruhig auf dem Hof. Dann zerrissen Hupen und das Martinshorn die Stille und signalisierten: Es geht los!

Die Autorin Nadja Hoffmann begleitet den Konvoi.

Artikel 3 von 4