Fast vier Millionen Exemplare gingen bisher von Hedwig Maria Stubers Buch über den Ladentisch. „Mit dem Erfolg hätte ich nie gerechnet“, sagt die mittlerweile 98-Jährige, die mit ihrer Tochter im Münchner Norden in einem Vier-Generationen-Haus lebt. „Ich wollte einfach anderen Frauen daheim am Herd helfen.“
Hedwig Maria Stuber heißt sie nicht wirklich. Das Pseudonym setzt sich zusammen aus ihrem Namen, Hermine Hedwig Stumpf, und dem ihrer Mit-Autorin Maria Huber. „Wir wussten ja in den 50er-Jahren nicht, ob das mit dem Kochbuch klappt“, erzählt die 98-Jährige. Und wie es klappte: In nur einem Jahr war die erste Auflage mit 10 000 Stück ausverkauft, mittlerweile gibt’s die 51. Auflage des Standardwerks.
Wie sie mit dem Kochen begann? „Ich wollte heiraten“, sagt Hedwig Maria Stuber, die 1924 nahe Würzburg geboren wurde. „Dazu musste man damals kochen können.“ Sie besuchte eine Hauswirtschaftsschule in Niederbayern – und lernte alle Rezepte auswendig. „Kochbücher hatten nur die Lehrerinnen“, betont sie.
Allzu lange lernen konnte sie nicht: Mit Kriegsende wurde die Schule als Lazarett gebraucht. Und Hedwig Maria Stuber wurde mit Leib und Seele Hausfrau und Mutter. „Die Rollen waren früher klar verteilt.“ Und ein internationaler Frauentag, der ihre Leistung ehrt, wurde nicht gefeiert. „Gut, dass er heute Beachtung findet, denn Frauen sind jetzt doppelt belastet durch Arbeit und Haushalt“, sagt sie. „Das war früher leichter.“
Wobei das Kochen in der Nachkriegszeit alles andere als einfach war: „Wir hatten keine Hilfsmittel, keinen Kühlschrank. Das Gemüse lagerten wir in Sandkisten im Keller, Eier wurden in Töpfen konserviert.“ Vorgefertigte Produkte aus dem Supermarkt? Fehlanzeige! „Fürs Backen haben wir Mandeln mit heißem Wasser die Häute abgelöst und durch die Mühle gedreht. Für Rahmspinat die Blätter gewaschen, gekocht und durch den Fleischwolf gedrückt.“
Zu Papier brachte Hedwig Maria Stuber ihre Rezepte nach einem Stadtbummel 1951 in Innsbruck. Als sie in einem Schaufenster ein Kochbuch entdeckte, war ihr klar: „Das möchte ich auch haben.“ In „Ich helf dir kochen“ schrieb sie aber nicht nur Rezepte, sondern auch Verhaltensregeln für die „liebe junge Hausfrau“: „Kein Mann schätzt es, wenn er zur Mittagszeit nach Hause kommt, seine Frau mit fettig glänzenden Gesicht zu sehen“, heißt es da. „Vor dem Essen ist auf jeden Fall die Arbeitsschürze abzunehmen und ein Blick in den Spiegel zu tun, um die Haare zu ordnen.“ Die Seniorin schmunzelt: „So etwas ist heute undenkbar. Aber damals war es so: Ich hätte mich nie mit der Schürze an den Tisch gesetzt.“
Tausende Gerichte hat sie über die Jahrzehnte gekocht. Ihr Mann und die drei Kinder testeten, ob’s bei Mama wirklich am besten schmeckt. „Hat es“, bestätigt Tochter Angela Ingianni (73), die das Werk der Mutter weiterführt. Über 2000 Rezepte finden sich in der neuen Auflage. „Von aktuellen Trends wie Ceviche, das Fischgericht aus Lateinamerika, bis zu Klassikern wie gepökelte Ochsenzunge.“ Freilich gibt’s keine Verhaltenstipps mehr – dafür Infos zu Waren und Küchenpraxis.
Auch mit 98 sitzt Hedwig Maria Stuber noch gern in der Küche, schneidet Gelbe Rüben oder schält Kartoffeln – zufrieden mit ihrem Lebenswerk. „Ich hoffe, dass das Buch auch in Zukunft Frauen und Männern beim Kochen hilft.“
ICH HELF DIR KOCHEN
Das Grundkochbuch von Hedwig Maria Stuber ist im blv-Verlag erschienen und kostet gebunden 32 Euro.