Russische Verbindungen

von Redaktion

Münchens Tochterunternehmen und Russland

München – Unterhält die Stadt München Wirtschaftsbeziehungen zu Russland? Diese Frage verneinte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) während der bewegenden Video-Schaltkonferenz mit seinem Kiewer Amtskollegen Vitali Klitschko in der Stadtratssitzung vom März ausdrücklich. Die ÖDP witterte daraufhin Lug und Trug. In einer Anfrage forderte sie Reiter auf, alles aufzulisten, was Russland an Energie und Dienstleistungen liefere.

In seiner Antwort verwehrt sich Reiter gegen den Vorwurf der Spiegelfechterei. Die Stadt München unterhalte keine Wirtschaftsbeziehungen mit Russland – anders sehe es freilich bei ihren Tochterunternehmen aus. Er werde sich aber „bei allen Beteiligungen jeweils für eine möglichst sofortige Beendigung etwaig bestehender Geschäftsbeziehungen“ aussprechen.

Die Stadt selbst und auch die Wohnungsbaugesellschaft Gewofag nutzen Reiter zufolge Lizenzen der Softwarefirma Kaspersky. Hier sei jedoch bereits „eine entsprechende Ablösung eingeleitet“ worden.

Die Flughafen München GmbH (städtischer Anteil: 23 Prozent) und ihre Tochtergesellschaften hatten laut OB Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen russischen Fluggesellschaften. Reiter: „Derzeit ruhen diese Beziehungen und Verträge.“ Ein Fuel-Durchsatzvertrag mit der Rosneft Deutschland GmbH, der zuletzt vier Prozent der Gesamtbetriebsstoffmenge ausgemacht habe, ruhe ebenfalls. „Eine Wiederaufnahme steht derzeit nicht zur Diskussion.“ Mit russischen Fluggesellschaften gebe es zudem Mietverträge für Büros oder Parkplätze.

Die Messe München GmbH war mit 95 Prozent an der „Messe Muenchen Rus LLC“ beteiligt, die die Messe „bauma CTT Russia“ in Moskau organisierte und durchführte. „Die MMG hat sich aus dem russischen Markt zurückgezogen.“

Bei den Stadtwerken München (SWM) ist die Sache freilich verzwickter. Sie beziehen laut Reiter Kohle und Erdgas ausschließlich von Zwischenhändlern beziehungsweise an der Börse, die Lieferanten bezögen wiederum einen Teil der Mengen aus Russland – wie viel genau sei den SWM nicht bekannt. Im Block 2 des Heizkraftwerks Nord werde ein Kohlemix aus jeweils 50 Prozent nordamerikanischer und russischer Kohle genutzt. Die SWM arbeiteten bereits „intensiv daran“, alternative Bezugsquellen zu aktivieren, „was aber erst mit ein paar Monaten Verzögerung wirksam werden kann“.

Ob weitere Rohstoffe im Bereich der Stadt oder ihrer Töchter indirekt aus Russland stammen, etwa Baumaterialien wie Holz oder Papier, lasse sich „nicht ohne Weiteres eruieren“. Genauso wenig, ob städtische Dienstwägen mit russischem Kraftstoff unterwegs sind. JOHANNES LÖHR

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