München – Gas, Holz, Benzin, Lebensmittel und Urlaub – die Prognose bis zum Jahresende ist in den verschiedenen Branchen mehr oder weniger düster. Ein Überblick:
Benzin
Um einzuschätzen, wie sich die Kraftstoffpreise entwickeln, muss man laut Andreas Hölzel vom ADAC in München die aktuelle Situation betrachten: „Aus Sicht des ADAC sind die Kraftstoffpreise derzeit massiv überhöht. Das waren sie bereits vor der Senkung der Energiesteuer am 1. Juni, und sie sind es immer noch.“ Der Tankrabatt sei leider nur zum Teil beim Verbraucher angekommen.
So sieht der ADAC beim Benzin derzeit ein Absenkungspotenzial von mindestens 25 Cent je Liter. „Beim Diesel ist die Preissituation für die Verbraucher noch deutlich schlimmer, das Potenzial für Preissenkungen lässt sich aber nicht genau beziffern.“ Zum diesem ohnehin überhöhten Preisniveau komme nun hinzu, dass die Energiesteuersenkung Ende August beendet wird. Danach werden die normalen Energiesteuersätze wieder auf Kraftstoffe aufgeschlagen: bei Benzin 35, bei Diesel 17 Cent. „Somit droht ab 1. September ein neuer Teuer-Schock an den Zapfsäulen.“
Was unabhängig von steuerlichen Regulierungen rund um die Kraftstoffpreise passiert, lasse sich nicht abschätzen, sagt Hölzel, vieles hänge mit der Entwicklung des Ölpreises zusammen und somit von weltwirtschaftlichen Entwicklungen. „Große Hoffnung setzen wir in die angekündigte Untersuchung des Kraftstoffmarktes durch das Bundeskartellamt. Es ist wichtig, Licht in das Dunkel bei der Preisbildung der Kraftstoffpreise zu bringen.“
Gas
Die Lieferungen aus Russland werden immer weniger. Doch wie sehr werden wir die Krise künftig in unseren Geldbeuteln spüren? Florian Bieberbach, Geschäftsführer der Stadtwerke München, sagte der SZ: „Wir werden die Preise zum ersten August noch einmal um 36 Prozent erhöhen. Den wahren Schock erwarten wir aber erst 2023 oder 2024.“ Denn der Gaspreis im Großhandel komme bei den Endkunden in der Regel mit deutlicher Verzögerung an, da das Gas ein oder zwei Jahre, bevor es an den Kunden geliefert werde, eingekauft werde. Bieberbach: „Das Gas, das wir jetzt liefern, haben wir 2020/21 eingekauft.“ Daran orientiere sich der Kundenpreis heute noch.
Deshalb sei dieser seit August 2021 „nur“ um 70 Prozent gestiegen, während im Großhandel die Preise in der gleichen Zeit um 500 Prozent hinaufgingen. Diese 500 Prozent werden laut Bieberbachs Einschätzung aber nicht komplett beim Endkunden ankommen. Laut den Verbraucherzentralen ist noch mit Preiserhöhungen um etwa 200 Prozent zu rechnen. Eine Voraussage über die Preisentwicklung sei aufgrund der aktuellen Gaskrise schwierig, daher lohne es sich, regelmäßig aktuelle Angebote mit dem eigenen Tarif zu vergleichen, empfiehlt die Preisvergleichsplattform Check24.
Lebensmittel
Essen und Trinken ist spürbar teurer geworden. Laut Verbraucherzentrale Deutschland lag der Preisanstieg von Nahrungsmitteln für den privaten Haushalt im Vergleich von Mai 2021 zu Mai 2022 bei 11,1 Prozent. Preiserhöhungen gab es bei allen Nahrungsmittelgruppen, besonders teurer wurden Speisefette und -öle (+38,7 Prozent), Fleisch und Fleischwaren (+16,5), Molkereiprodukte und Eier (+13,1), Brot und Getreideerzeugnisse (+10,8).
Doch wie wird es weitergehen? „Auf Basis der unverändert kritischen Rahmenbedingungen sowie der Erfahrungen des ersten Halbjahres gehe ich davon aus, dass die Preise bei vielen Produkten des täglichen Bedarfs im zweiten Halbjahr weiter ansteigen werden“, sagt Sven Reuter, Vorstand des Marktanalye-Unternehmens Great Value Group. Seiner Einschätzung nach ist es realistisch, „dass wir eine weitere Preissteigerung um 15 bis 25 Prozent erwarten können“.
Besonders betroffen dürften Produkte sein, in denen Getreide enthalten ist, sowie Produkte tierischen Ursprungs wie Milch und Fleisch. „Die Preise werden vermutlich erst mal hoch bleiben oder sogar noch weiter steigen“, bestätigt die Verbraucherzentrale. Laut einer Studie, die der Experte Aurélien Duthoit vom Kreditversicherer Allianz Trade zusammenfasste, wird die Preissteigerung bei Lebensmitteln durchschnittlich mit 250 Euro Mehrkosten im Jahr pro Kopf durchschlagen. Und: „Das Schlimmste kommt auf die Haushalte erst noch zu.“
Laut ifo-Institut planen neun von zehn Einzelhandelsunternehmen für Nahrungs- und Genussmittel weitere Preiserhöhungen – wegen höherer Kosten von Rohstoffen, sonstigen Vorprodukten, Energie und Handelswaren. Der Bauernverband gab kürzlich bekannt, dass die Lage auf den Agrarmärkten infolge des Krieges noch monatelang angespannt sein werde – bis weit ins kommende Jahr und über die Ernte 2023 hinaus. Folge: weitere Preiserhöhungen. In der Milchindustrie etwa sollen auf die Kunden noch Steigerungsraten von 20 Prozent zukommen.
Urlaubsreisen
Reisen boomen – nach der Corona-Pause treibt es die Menschen wieder ans Meer, in die Berge, in ferne Länder. Doch wie werden sich hier die Preise entwickeln? Bisher haben zumindest Pauschalreisende noch von einem stabilen Preisniveau profitiert, sagt Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV). Denn die Bestandteile der Reise wie Flug- und Hotelkontingente für die diesjährigen Frühjahr- und Sommer-Urlaube wurden von den Veranstaltern im vergangenen Jahr ausgehandelt, als es Krieg, Öl- und Gas-Krise noch nicht gab – und auch noch unbeeinflusst von der heuer gestiegenen Inflation.
Allerdings seien die Kontingente, die darüber hinaus aufgrund der hohen Nachfrage nachgekauft wurden und werden, bereits teurer. Die weitere Prognose: „Natürlich ist die Reisebranche nicht abgekoppelt von der Inflation, und so werden sich perspektivisch die Preissteigerungen von Energie und Lebensmitteln auch in den Reisepreisen widerspiegeln.“ Eine verlässliche Prognose fürs kommende Jahr sei momentan aber noch zu früh, sagt Schäfer. Denn grundsätzlich hingen die Preise nicht nur von den Energiekosten ab, sondern maßgeblich von Angebot und Nachfrage. Fest steht: Im Sommer stellen die Reiseveranstalter die Angebote für den nächsten Winter vor, dann kommen auch die Frühbucherangebote für die nächste Saison. Hier gilt nach wie vor: Wer sich früh um eine Buchung kümmert, wird trotz der Krisen günstige Angebote finden.
Holz
Öl oder Gas hat keine Zukunft, denken sich immer mehr Münchner und wollen umrüsten auf Holzheizung. Doch Holz wird knapp und folglich teurer. „Die Nachfrage explodiert“, sagt Brennholz-Händler Konrad Kötterl von der Firma CN Trading. „Die Leute sind teilweise panisch, kein Holz zu bekommen.“ Es werde gehamstert.
Das hat Folgen. Anfang des Jahres habe ein Ster Buchenholz noch 120 Euro gekostet, nun seien es schon 160 Euro – bald sei man voraussichtlich bei 200 Euro. Auch bei Pellets gab es jetzt schon eine starke Preissteigerung, sagt Händler Matthias Birnkammer. Kostete eine Tonne früher 250 bis 300 Euro, sind es nun zwischen 450 und 500 Euro. Bei den Briketts hätten sich die Preise von 250 bis 300 auf rund 420 bis 550 Euro erhöht.
Wie die Kosten bis zum Ende des Jahres steigen, ist ungewiss. Knapp werde das Holz zumindest momentan noch nicht, sagt ein Angestellter bei Hornbach in Fröttmaning. „Die Lager sind voll.“ Aber noch sind wir ja auch mitten im Sommer.