Zuvor war er Immobilienmakler, aber diese Einkünfte scheinen Erkan A. (45) nicht mehr ausgereicht zu haben. Denn laut Staatsanwaltschaft hatte er sich seit dem 20. Mai 2021 als falscher Polizist versucht – ein Delikt, das in den vergangenen Jahren jeweils Millionenschäden in München und im gesamten Freistaat verursacht hat. Jetzt steht der 45-Jährige vor Gericht. Ihm droht eine lange Haftstrafe.
Als Peter Meier vom Raubdezernat hatte sich Erkan A. gegenüber den Senioren ausgegeben. Insgesamt 38 Münchner Rentner soll er laut Anklage per Telefon kontaktiert haben. Die kriminelle Masche ist stets ähnlich: Den älteren Herrschaften wird vorgelogen, dass in ihrer Nähe eingebrochen wurde und einige der Täter geschnappt wurden – angeblich hatten die Täter eine Liste, auf der auch der Name der Senioren ganz oben stand. Nun seien sie in Gefahr, weil noch immer einige der Einbrecher frei in der Gegend herumliefen. Klare Sache: So sollen die Senioren unter Druck gesetzt und geängstigt werden – mit dem Ziel, dass die Betrüger (getarnt als angebliche Polizisten) die Wertsachen der Senioren abholen, die angeblich „gesichert“ werden müssen.
Eine perfide Betrugsmasche: Denn ihr Geld sehen die Rentner in den allermeisten Fällen nie wieder – und bleiben oft völlig verzweifelt zurück. Bis hin zum Selbstmord gingen die Reaktionen, wie die Polizei berichtet.
Das Besondere an diesem Fall ist nun: Normalerweise schnappt die Polizei eher die Abholer der Banden, während die Bosse in der Türkei sitzen und die Betrugsmasche vom Ausland koordinieren. Doch nun gelang es Justiz und Polizei, mit Erkan A. ein mutmaßliches Bandenmitglied der mittleren Ebene zu fassen. Ihm werden insgesamt 38 Taten zur Last gelegt, die er alle innerhalb von nur zehn Tagen begangen haben soll. Und zwar per Telefon.
Erfolgreich war Erkan A. aber nicht: In keinem seiner Fälle konnte laut Staatsanwaltschaft Geld erbeutet werden. Das ist ungewöhnlich. Denn in vielen Fällen haben Senioren schon höhere fünfstellige Beträge an Betrüger verloren. In Einzelfällen auch schon 500 000 Euro.
Die Vorwürfe bestreitet Erkan A. über seinen Anwalt Santosh Gupta. Nun soll ein Stimmgutachten klären, ob der Angeklagte wirklich der Anrufer war. Am 15. Juli wird der Prozess fortgesetzt, dann sagen auch die ersten Senioren aus, die angerufen worden waren. Doch sie konnten den Betrüger im Gespräch abschütteln – zum Glück.
ANDREAS THIEME