Erfolg für 9-Euro-Ticket – und jetzt?

von Redaktion

VON KLAUS VICK UND SASCHA KAROWSKI

Seit Anfang Juni gilt das 9-Euro-Ticket. Ende August – nach drei Monaten – soll aber wieder Schluss sein. Sozusagen eine Kurzstrecke. Die gute Nachricht für MVG-Chef Wortmann ist, dass ein Fünftel der Käufer den öffentlichen Nahverkehr zuvor nicht genutzt hat. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage des Verbandes der deutschen Verkehrsunternehmen und der Deutschen Bahn hervor. „Das Eis ist gebrochen, wir konnten Menschen vom Auto wegholen“, sagte Wortmann am Montag bei einer Pressekonferenz. Überdies hat sich die Zahl der Schwarzfahrer seit Beginn des Aktionszeitraums am 1. Juni von vier auf ein Prozent reduziert. Zusätzlich zu den Fahrgästen, die ein 9-Euro-Ticket erworben haben, kommen die etwa 255 000 Abonnenten der MVG, die ihr reguläres IsarCard-Abo haben. Für diese Fahrkarte werden im Aktionszeitraum monatlich nur neun Euro abgebucht.

Erwartungsgemäß stark zurückgegangen ist der Verkauf anderer Fahrkarten, bei Streifenkarten und Einzelfahrten etwa im Schnitt um 84 Prozent. Die Zahl der Fahrgäste dagegen hat sich laut Sinaida Cordes, Leiterin Mobilitätsentwicklung und Innovation bei der MVG, seit dem ersten Geltungstag des 9-Euro-Tickets um etwa zehn Prozent erhöht. Im Juli rechne man mit einer weiter ansteigenden Tendenz. Vor allem an den Sonntagen sei ein signifikanter Anstieg zu verzeichnen. „Die Leute nutzen das Ticket verstärkt in ihrer Freizeit“, sagte Cordes.

Wortmann bezeichnete die rasche Umsetzung der Billig-Fahrkarte als Kraftakt, der gelungen sei. Den prognostizierten Einnahmenausfall in Höhe von 63 Millionen Euro bekommt die MVG vom Bund erstattet. Es bedürfe allerdings einer Finanzierungssicherheit vonseiten des Bundes für mögliche Folgeangebote wie ein 69-Euro-Ticket, sagte Wortmann. Eine Fortführung des 9-Euro-Tickets hält er schlichtweg für nicht finanzierbar. Der Bund müsste den Verkehrsbetrieben dafür mit zehn Milliarden Euro pro Jahr unter die Arme greifen.

Bei der Regiobahn wurden bis vergangene Woche rund 200 000 9-Euro-Tickets verkauft. Einerseits erfreulich, andererseits habe man „derzeit auch mit teilweise übervollen Zügen zu kämpfen“. Münchens Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) plädiert angesichts der hohen Verkaufszahlen des 9-Euro-Tickets für eine Nachfolgelösung: „Damit würden wir die Menschen nicht nur finanziell entlasten, sondern auch einen dauerhaften Anreiz zum Umstieg schaffen.“ Auch Manuel Pretzl, CSU-Fraktionschef im Stadtrat, dringt auf eine Folgeregelung: „Wir fordern schon lange das 365-Euro-Ticket für alle. Bis das umgesetzt werden kann, würden wir auch eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets unterstützen.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte sich jüngst offen für eine 9-Euro-Ticket-Folgeregelung gezeigt. SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl sagte dazu am Montag: „Es wird Zeit, dass die Ticketsysteme simpler werden und Menschen überall einfach den Nahverkehr nutzen können, weil ihre Fahrkarte in jeder Stadt und im Regionalverkehr gilt. Wenn der Bund das Geld dafür zur Verfügung stellt, würden wir diese Umverteilungsmaßnahme sehr begrüßen.“ Skeptisch äußerte sich derweil OB Dieter Reiter (SPD). „So sehr ich die Begeisterung der Kunden nachvollziehen kann – idealerweise müsste zunächst die Infrastruktur leistungsfähig ausgebaut und danach mit attraktiven Tarifen Kunden neu gewonnen werden. Insofern wäre es hilfreicher gewesen, das Geld zuerst in die Sanierung und den Ausbau des ÖPNV zu investieren.“

MVG-Chef Wortmann deutete unterdessen an, dass es im Dezember eine Tariferhöhung für MVV-Kunden geben wird. „Eigentlich müssten wir aufgrund des Defizits prozentual im zweistelligen Bereich erhöhen“, sagte Wortmann. Dies sei aber nicht darstellbar. Aktuell werde mit den Gesellschaftern über die Größenordnung der Preiserhöhung diskutiert. Eine Hausnummer wollte Wortmann nicht nennen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Preise für die MMV-Tickets nicht bloß um ein oder zwei Prozent erhöht werden. Auch OB Reiter hatte die Erhöhung bereits angekündigt.

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