Wenn der OB andere Saiten aufzieht

von Redaktion

INTERVIEW Oberbürgermeister Dieter Reiter tritt am Samstag auf und spricht über seine Musikbegeisterung

Auf dem Rindermarkt steigen an diesem Wochenende die Munich Irish Nights. Umjubelte Gastauftritte gab es dabei immer von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Auch am heutigen Samstag (20 Uhr) tritt er gemeinsam mit der Paul Daly Band auf, mit der er eine enge Freundschaft pflegt. In unserer Zeitung spricht der OB über seine Leidenschaft für die Musik und welche Stücke ihn sein Leben lang begleiten.

Herr Reiter, wie sind Sie zur Musik gekommen?

Ich habe meine erste Gitarre mit sieben oder acht bekommen. In meiner Familie hat niemand ein Instrument gespielt, insofern war ich eher ein Exot. Ich habe anfangs einfach ein bisschen rumgeklimpert und dann so mit 13 oder 14 ein paar mehr Akkorde gelernt und versucht Lieder nachzuspielen. Und natürlich habe ich immer viel Musik gehört, die war immer ein Teil meines Lebens.

Können Sie auch andere Instrumente spielen?

Wir haben ein Klavier zuhause, da spiele ich manchmal ein paar Akkorde. Aber es wäre deutlich übertrieben, auch nur in Ansätzen von Können zu sprechen. Meine Frau kann das schon besser. Ansonsten habe ich mich auch mal mit Blasinstrumenten versucht, aber das ist bei mir hoffnungslos. Auf der Wiesn habe ich mal probiert, Trompete zu spielen, da bekam ich aber keinen Ton raus. Da fehlt mir völlig die Technik.

Was sind denn Ihre Lieblingslieder, hat sich das verändert mit den Jahren?

Lieblingslieder gibt es ganz viele. Ich bin bekennender Fan von den Dire Straits und Mark Knopfler. Songs wie „Sultans of Swing“ werde ich immer hören können. Oder alte und neue Songs von Bruce Springsteen, Coldplay oder den Dropkick Murphys. Ich mag auch gern Hardrocksongs, etwa „Whiskey in the Jar“ von Metallica. Manchmal höre ich auch Rammstein oder die Toten Hosen. In meiner Jugend gab es die musikalische Glaubensfrage der Fans: Beatles oder Rolling Stones. Ich war immer auf der Seite der Stones, weil mir die Songs der Beatles damals meistens zu „weich“ waren. Aber trotzdem mochte ich durchaus auch leisere Musik – insbesondere weil die eben auf der Gitarre gut zu spielen war. Von Leonard Cohen oder Cat Stevens bis zu vielen österreichischen Liedermachern wie Georg Danzer, Reinhard Fendrich, Wolfgang Ambros oder auch Ludwig Hirsch. An die meisten dieser Texte erinnere ich mich heute noch.

Singen Sie unter der Dusche?

(lacht) Nein. Das würde meine Frau wohl nicht mitmachen. Ich habe aber immer wieder einmal Gelegenheit, daheim Gitarre zu spielen. Seitdem ich öffentlich auftrete, spiele ich sogar noch mehr, um in Übung zu bleiben. In meinem Nebenzimmer hier im Büro stehen zwei Gitarren, aber da habe ich leider kaum die Gelegenheit zu spielen.

Warum wurde es doch die Politik und nicht die Musik?

Die Frage habe ich mir auch schon gestellt (lacht). Aber im Ernst. Zum Komponieren fehlt mir die kreative Ader. Ich habe es mal versucht. Aber bei den Melodien falle ich dann immer wieder auf schon Bekanntes zurück. Politiker war mit 20 aber auch nicht mein Berufsziel. Es soll ja Vorgänger geben, die schon mit acht Jahren gesagt haben, dass sie Oberbürgermeister werden wollen. Das war früher für mich weit weg. Mit dieser Idee hätte man mich jagen können.

Apropos Vorgänger: Ist nach der politischen Karriere noch ein bisschen Musik geplant?

Auf jeden Fall. Musik ist eines der wenigen Hobbys, die mir tatsächlich geblieben sind. Ich habe früher sehr gern Sport getrieben, das fällt jetzt leider fast völlig aus. Also bleibt mir sowohl Musik hören als auch machen. Das ist derzeit einfach auch aus Zeitmangel das einzige nennenswerte Hobby, das ich sicher auch nicht aufgeben werde.

Warum treten sie noch als Musiker auf, stehen Sie als OB nicht schon genug auf Bühnen?

Oh, das ist etwas völlig anderes. Wie gesagt, ich werde sicher auch noch Musik machen wenn ich nicht mehr OB bin, mit oder auch ohne Publikum. Das hat insoweit überhaupt nichts mit meinem Amt zu tun, sondern Musizieren macht eben Spaß. Es macht allerdings durchaus noch mehr Spaß, wenn Zuhörer da sind. Und natürlich hat mein Job mir den Zugang zu Auftritten erleichtert. Ich glaube allein mit meinen musikalischen Fähigkeiten hätte ich eher keine bekommen (lacht).

Wenn Sie einen Song nennen müssten, der Ihre politische Karriere am besten beschreibt, welcher wäre das und warum „Highway to Hell“?

(lacht) Nein, nein, gar nicht. Man sollte nie über selbst gewählte Schicksale klagen. Man bemüht sich ja sogar darum, diese tolle Aufgabe als OB zu bekommen. Also insofern wäre „Highway to Hell“ völlig falsch. Aber einer fiele mir ein, der heißt „Tougher Than the Rest“ von Bruce Springsteen.

Können Sie kurz erläutern, wie es zu der Zusammenarbeit mit Ihrer Band und dem Auftritt auf dem Irish Folk Festival kam?

Also, die Geschichte war so, dass ich ursprünglich mal in einer, in Anführungsstrichen, Promi-Band gespielt habe, die wir vor über zehn Jahren zusammengewürfelt haben. Da waren dann Politiker und andere Akteure beieinander. Am Schlagzeug war Hep Monatzeder, der damalige grüne Bürgermeister. Der damalige Chef des Flughafens, Michael Kerkloh, war am Klavier, Peter Hausmann, der ehemalige Regierungssprecher der Kohl-Regierung am Bass, Wolfgang Heckl, Direktor des Deutschen Museums, hat sich im Gesang wiedergefunden. Dann hatten wir noch einen Frontmann, auch Gesang und Gitarre, den Generalkonsul der Vereinigten Staaten in München, Conrad Tribble. Und ich habe auch Gitarre gespielt. Das war damals schon bemerkenswert, dass Politiker verschiedener Parteien und Unternehmenslenker miteinander Musik machen. Wir haben dann ein paar Charity-Konzerte gespielt und eigentlich immer ausverkaufte Häuser gehabt. Die Einnahmen aus dem Eintritt kamen immer einem guten Zweck zugute. Als Conrad dann, wie das bei Diplomaten so ist, sein Einsatzgebiet wechseln und die Band verlassen musste, hat Siegfried Schneider, der damalige Präsident der Landesmedienanstalt, übernommen. Aber allein alle zum Proben zusammenzubringen, war schon sehr schwierig. Und so hat sich das irgendwann nicht mehr ergeben. Paul Daly kannte ich als Wirtschaftsreferent schon seit weit über zehn Jahren als Inhaber von Irish Pubs in München. Und ich wusste dass er eine Band, die Paul Daly Band, hat. Beim Essen haben wir dann geratscht, und er hat mir angeboten, mal mitzuspielen, um damals Geld für krebskranke Kinder zu sammeln. Das hat geklappt und es hat Spaß gemacht mit lauter tollen Musikerinnen und Musikern zusammenzuspielen. So war schnell die Idee geboren und wir haben seither schon einige Konzerte gespielt.

Wie ist denn die Reaktion der Münchner auf die Doppelrolle, gibt es da nicht auch mal Kritik?

Ich bin, glaube ich, schon jemand, der erkennbar bodenständig agiert und auch zugänglich ist. Das heißt, ich werde auch auf der Straße immer angesprochen. Insofern ist das für die Menschen wahrscheinlich nicht so überraschend, dass ich nebenbei meinem Hobby nachgehe und Musik spiele. Ich habe noch kein einziges kritisches Wort gehört, was für einen Politiker in dieser Doppelrolle ja sehr selten ist. Diejenigen, denen es nicht gefällt, gehen nicht hin, und die, die es gut finden, gehen hin. Den anderen ist es egal.

Warum hätten Sie das Rammstein-Konzert genehmigt?

Die Frage müsste eigentlich anders lauten: Hätten Sie das Rammstein-Konzert genehmigt? Ich finde, Rammstein muss man nicht jeden Tag hören. Aber ich bin ein echter Hard-Rock-Fan. Und je nach Lust und Laune höre ich auch ihre Musik. Sie haben die beste Bühnenshow der Welt, die ist derzeit völlig konkurrenzlos. Ich hätte mir das Silvester-Konzert angeschaut, wenn es aus sicherheitsrechtlichen Gründen möglich gewesen wäre. Die Sicherheitsbehörden hatten aber Bedenken, wegen der Kurzfristigkeit und dem Veranstaltungsort Theresienwiese. Das muss man akzeptieren. Ich bin sicher nicht der einzige Mensch, der es schade findet, dass Rammstein an Silvester in München nicht auftreten. Man muss aber auch noch mal deutlich sagen, dass der Veranstalter abgesagt hat, weil er die Auflagen nicht erfüllen konnte. Das hat er mir auch noch mal persönlich geschrieben.

Das Gespräch führten Yannick Thedens und Christoph Hackl

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