München – Tatsächlich, da steht es schwarz auf weiß. André Borchert (45) muss mehrmals hinsehen, als er die Stromrechnung der Stadtwerke in den Händen hält. Seine kleine Gewofag-Wohnung in Giesing hat nur eineinhalb Zimmer, misst 45 Quadratmeter – und dafür soll er Abschlagzahlungen von unglaublichen 240 Euro pro Monat zahlen.
„Ich bin regelrecht geschockt“, erzählt der arbeitssuchende Münchner, der zuletzt als IT-Manager gearbeitet hat, unserer Zeitung. Er ist erst Mitte September 2022 eingezogen und hat einen Neuvertrag mit den Stadtwerken abgeschlossen. „Ich zahle nur knapp 400 Euro Miete. Das heißt, der Strom kostet mehr als die Hälfte der Miete. Wie kommt diese Summe zustande? Ist bei mir als Neukunden vielleicht schon eine Preiserhöhung drin, die den anderen Kunden noch droht?“
Die Stadtwerke erklären auf Anfrage, dass diese Rechnung ihre Richtigkeit habe. Da Herr Borchert einen Nachtspeicherofen hat und somit auch mit Strom heizt, sei der Betrag höher. Hinzu komme, dass in seinem Haus immer im März die Jahresabrechnung anstehe. „Das heißt, hier verteilt sich der Verbrauch nicht auf zwölf, sondern auf sechs Monate“, so SWM-Sprecher Michael Silva. Die Vorwegnahme einer künftigen Preiserhöhung gebe es bei den Stadtwerken nicht. Aber wie sieht es aus – winkt denn bald eine Erhöhung? Im November werde sie sicher nicht kommen, sagt Silva. „Wir müssen eine Erhöhung immer mindestens sechs Wochen vorher ankündigen.“ Und wie schaut es mit den Monaten darauf aus? „Es wird definitiv noch eine Steigerung geben.“ Einen konkreten Zeitpunkt könnten die SWM aber derzeit nicht nennen.
André Borchert kann die SWM-Forderung gar nicht bezahlen, selbst wenn er wollte. „Ich habe keine finanziellen Rücklagen und derzeit auch kein Einkommen. Ich bekomme 449 Euro Arbeitslosengeld II. Das höchste, was im Budget drin wäre, wären 60 Euro für den Strom.“ Er plant, einfach nur diese Summe zu überweisen und abzuwarten. Die Stadtwerke rechnen damit, dass noch mehr solcher sozialen Härtefälle auf sie zukommen werden. Sie raten, sich an die Sozialbürgerhäuser zu wenden, um über Lösungsmöglichkeiten zu beraten. „Und die Kunden, bei denen es finanziell eng wird, sollen auch uns umgehend kontaktieren.“ In bestimmten Fällen könne man über Ratenzahlungen oder ähnliche Lösungen reden. Vielleicht gibt es auch für André Borchert einen Ausweg… VON NINA BAUTZ