Derzeit geht ein Video im Internet durch die Decke, auf das viele Menschen mit Wut reagieren. Es zeigt die Bierzelt-Bedienung Eva, die an den letzten drei Wiesn-Tagen mit Fieber, Halsschmerzen und Schüttelfrost gearbeitet hat. Sie erklärt, dass alle Kolleginnen krank seien. „Aber wir müssen uns nicht testen. Und wer sich nicht testet, ist auch nicht positiv.“ Corona-Wahnwitz, der gut zur Lage nach dem Oktoberfest passt. Denn: Während das Virus in der Stadt tobt, ist die Inzidenz am Dienstag offiziell gesunken.
Dass die Inzidenz von 766,8 auf 633,6 gesunken ist, liegt daran, dass die Gesundheitsämter am Feiertag, wie auch am Wochenende, keine Fälle ans RKI meldeten – de facto handelt es sich bei dem Inzidenzwert also um eine Vier-Tage-Inzidenz und nicht um die offiziell angegebene Sieben-Tage-Inzidenz.
Diese dürfte am Mittwoch wohl steigen, wenn wieder Fälle ans RKI gemeldet wurden. Davon geht auch Dr. Christoph Spinner, Infektiologe am Universitätsklinikum rechts der Isar, aus. Die Dunkelziffer ist hoch, da nur PCR-Tests offiziell erfasst werden. Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) sagte im Stadtrat vorige Woche, der tatsächliche Wert läge derzeit „vier- bis fünffach höher“.
Selbst diese Zahlen zeigen aber: „Die Inzidenzen im Stadtgebiet haben sich etwa vervierfacht: Auch bei anderen Volksfesten wurde ein zwei- bis vierfacher Anstieg der Inzidenz berichtet“, sagt Spinner. Für ihn ist das an sich kein Grund zur Sorge: „Die Inzidenz spielt heute keine so wesentliche Rolle mehr.“
Viel wichtiger sei die Zahl schwer kranker Covid-Patienten. Auch die ist seit vergangener Woche um 70 Prozent gestiegen: Von 23 auf 39 belegte Betten auf den Intensivstationen. Zählt man alle Corona-Betten zusammen, das sind aktuell 478, gibt es einen Anstieg von 137 Prozent seit Wiesn-Start. Dabei wird es laut Zurek nicht bleiben: „Wir erwarten, dass die Fallzahlen nochmals deutlich steigen werden und der Gipfel der Klinik-Aufnahmen noch nicht erreicht ist.“ Erschwert wird die Lage durch immer mehr Patienten mit Atemwegsproblemen, Mitarbeiter fallen wegen Corona aus: Die Krankenhäuser stehen unter Druck.