In Teufels Küche

von Redaktion

VON ANDREAS THIEME

Die Wangen eingefallen, traurig der Blick: Blass wie ein Gespenst betritt Alfons Schuhbeck (73) um 8.57 Uhr den Gerichtssaal 134 im Justizpalast. Aufrecht stellt er sich den Fotografen entgegen, verschränkt die Hände hinter dem Rücken. Doch der Star-Koch wirkt erschöpft und wie erloschen, unter seinen Augen liegen tiefe Ringe. Es ist sein schwerster Gang.

Insgesamt 2 366 232 Euro Steuern soll Schuhbeck hinterzogen haben – erstmals kamen nun alle Zahlen ans Licht. Die Vorwürfe gegen ihn sieht Richterin Andrea Wagner als „derart schwerwiegend“, dass eine Bewährungsstrafe selbst im Falle eines Geständnisses „sehr fraglich wäre“.

32 Fälle der Steuerhinterziehung wirft die Staatsanwaltschaft Schuhbeck vor. Das Ausmaß erschreckt. Laut Anklage soll der Star-Koch in den Jahren 2009 bis 2016 nicht nur zu wenig Abgaben gezahlt, sondern gezielt Bilanzen gefälscht haben. Für seine Firmen ergaunerte er sich laut Anklage zusätzlich 1 138 345 Euro an illegalen Steuervorteilen.

Ganze 23 Minuten braucht Staatsanwältin Susanne Gehrke-Haibl, um die einzelnen Vorwürfe vorzutragen. Es geht um Einkommens- und Umsatzsteuer, Gewerbe- und Körperschaftssteuer. In allen Bereichen soll Schuhbeck als Geschäftsführer seiner Orlando und Am Platzl GmbH sowie der Schuhbecks Holding falsche Angaben gemacht haben – dafür droht jetzt Haft.

„Das würde Herrn Schuhbeck ruinieren“, entgegneten seine Verteidiger Sascha König und Markus Gotzens. Sie hatten in einem Vorgespräch mit dem Gericht bereits ausgelotet, wie der Koch dem Gefängnis noch entgehen könnte. Doch eine Verständigung scheiterte -– Gericht und Staatsanwaltschaft lehnten ab. Durch ein Geständnis könne Schuhbeck einem langen Prozess entgehen, sagte die Richterin. Schuhbeck aber schwieg. Und wurde plötzlich von der Aussage eines Mitarbeiters überrascht. Jürgen W. (65), der ebenfalls angeklagt ist, räumte die Vorwürfe nämlich ein: Demnach programmierte der IT-Fachmann eine Software, mit der man Abrechnungen nachträglich gezielt fälschen kann. „Schuhbeck wünschte eine Möglichkeit, die Tageseinnahmen reduzieren zu können. Ich wusste, dass er damit Umsätze löschen und Bargeldbeträge entnehmen kann, war aber wirtschaftlich abhängig von ihm“, sagte W. Das Programm habe er auf einem USB-Stick zur Verfügung gestellt. Zu Hause am Computer konnte Schuhbeck so in bar bezahlte Rechnungen nachträglich abändern. Die Folge: „Schuhbeck konnte einen neuen Bon ausdrucken, der dann in der Buchhaltung landete“, sagte W. Die kriminellen Vorgänge seien dem Gastronom „sehr wohl bewusst“ gewesen.

„Auffälligkeiten bei den ausgewerteten Daten“ räumen die Schuhbeck-Anwälte ein. Es gebe jedoch „keinen Beweis“, dass der Star-Koch die Kassen manipuliert habe. Er sei Opfer, nicht Täter. Denn auch andere Personen hätten Zugriff gehabt – der Schichtleiter vom Orlando sagt dazu noch aus. Fraglich sei zudem, wo die Millionen geblieben sind. „Bei der Insolvenz hätte Schuhbeck das ja angeben müssen“, sagen die Anwälte. Doch Richterin Wagner grillte den Koch: Er solle sich überlegen, ob er nicht doch noch zu den schweren Vorwürfen aussagen wolle. „Ich halte das für sinnvoll und angebracht“, mahnte Wagner.

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