„Olaf, Olaf, Olaf, Olaf!“ Eine Horde Kinder steht laut schreiend vor einem Haus in der Krüner Straße in Sendling. Alle schauen nach oben zum Balkon im dritten Stock, auf dem der Kanzler steht. Er lächelt, winkt – und die Kinder rufen noch lauter. „Olaf!“
Fast die ganze Nachbarschaft ist auf den Beinen, um einen Blick auf Scholz zu erhaschen. Viele machen Handyfotos, als die Sonne zwischen den Wolken hervorspitzt. Der weiß-blaue Himmel ist die perfekte Kulisse für Erinnerungsfotos. Der Kanzler vor der Haustür – wann passiert das schon mal? Scholz schüttelt Hände und lässt sich fotografieren. Selten wirkte er den Bürgern so nah wie an diesem Samstag in München.
Dabei war sein Terminkalender voll: Zuerst besuchte er das Bildungszentrum der Handwerkskammer, danach sprach er auf dem SPD-Parteitag und anschließend fuhr er zu der Wohnanlage in der Krüner Straße. Dort besuchte er mit OB Dieter Reiter zwei Projekte der städtischen Wohnungsgesellschaft GWG. Bei deren Planung stand sozialer Wohnungsbau verbunden mit Nachhaltigkeit im Vordergrund.
Die Wohnung, auf deren Balkon Olaf Scholz am Samstag steht, gehört zu den 2012 fertiggestellten Plus-Energie-Häusern in Sendling-Westpark. Die Gebäude heißen so, weil sie unterm Strich mehr Energie produzieren als sie verbrauchen. Das scheint in der aktuellen Energiekrise vorbildhaft. Wohl deswegen hat sich Scholz über das Vorgehen beim Bau der Häuser informiert. Entscheidend für den Energie-Überschuss seien die Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern, erklärt Ole Beißwenger. Der Abteilungsleiter bei der GWG hat Scholz bei seinem Rundgang begleitet.
Zurück an die Krüner Straße. Nach der Wohnungsbesichtigung mit Balkon-Gruß will der Kanzler das Minimal-Projekt an der Hinterbärenbadstraße nebenan besuchen – aber er muss auf dem Weg immer wieder stehen bleiben. Denn die vielen Kinder rennen ihm nach, laufen auf ihn zu, wollen ihn anfassen. Es scheint, als wollten sie testen, ob er es wirklich ist – der Bundeskanzler. Und Scholz’ Sicherheitsleute lassen die Kleinen gewähren. So ist er von etlichen Kindern umringt, als Ole Beißwenger (GWG) ihm das Minimal-Projekt erklärt. Bei diesen Häusern wurde die Bauweise abgespeckt, daher der Name.
Im Hintergrund öffnen Nachbarn Fenster und Balkontüren. Alle wollen den Kanzler sehen. Nadja Zagorulko (39) und ihr Mann Konstantin Maltsev (44) hören den Trubel vom Balkon aus. Die Eltern zweier Kinder leben seit 2012 in einem der Plus-Energie-Häuser, die Scholz besucht. Die Sonne strahlt durch ihre Balkontür, taucht Küche und Wohnzimmer in weiches Licht – und wärmt. „Trotzdem ist es im Sommer nicht heiß“, so Nadja Zagorulko. Denn die Vorhänge, die an allen Balkonen rundherum angebracht sind, halten Hitze ab. Und im Winter bleibt die Heizung dank Isolierung aus, sagt ihr Mann.
Er und seine Frau haben eine bezahlbare Wohnung gefunden – viele Münchner suchen noch. OB Reiter sieht daher den Bau bezahlbarer Wohnungen als eine Hauptaufgabe der Politik. Dafür stehe schon mehr Geld zur Verfügung, so Scholz. „Davon versprechen wir uns eine massive Verbesserung.“