Die Bauma als Schaufenster zur Welt

von Redaktion

VON PETER T. SCHMIDT

Den Fräskopf des „Cube System“ hat Rüdiger Kaub nicht wie alle anderen Exponate auf Hochglanz bringen lassen. Die Farbe ist abgewetzt, auf den Hartmetallzähnen liegt Flugrost. „Man soll sehen, dass die Maschine sich schon im Einsatz bewährt hat“, sagt der Vorstandschef von Bauer Maschinen stolz. Mit der jüngsten Neuentwicklung ist die Hightech-Schmiede aus Schrobenhausen der Konkurrenz wieder ein Stück voraus: Das weltweit einmalige Cube System kann 40 Meter tiefe Schlitzwände aus einem kleinen Tunnel heraus fräsen, etwa um einen U-Bahnhof zu bauen, wenn an der Oberfläche kein Platz für eine große Baustelle ist.

Wo ließe sich so etwas der weltweiten Kundschaft besser präsentieren als auf der Bauma? „Für uns ist diese Messe extrem wichtig“, sagt Kaub. Dabei gehe es gar nicht um den Verkauf – derart große und teure Maschinen kaufe niemand spontan. Vielmehr sei die Bauma „eine Schau, auf der Sie Ihre Technologie vorstellen können“.

„Wir legen unseren Hauptfokus auf die Bauma. Schließlich schaut im Moment die Welt nach München“, sagt auch Stefan Sparwel von der Kinshofer Group aus Holzkirchen. Die Firma mit weltweit 1100 Mitarbeitern stellt Anbaugeräte für Ladekräne und Bagger her. Das sind im Vergleich zu den Riesenmaschinen ringsum geradezu Schnäppchen, die Sparwel durchaus auch auf der Messe zu verkaufen hofft. Er spekuliert darauf, dass die Corona-bedingte Terminverschiebung vom März in den Herbst die Bauma „von der Ausstellermesse zur Verkaufsmesse“ machen könnte. Schließlich habe so manches Unternehmen am Jahresende noch Geld für Investitionen übrig. „Wir haben extra ein To-go-Programm mit gängigen Komponenten aufgelegt, die wir sofort oder zumindest noch in diesem Jahr liefern können“, verrät Sparwel.

Für die Firma HaWe Hydraulik aus Aschheim, die Mobilhydraulik und Elektrifizierungslösungen anbietet, ist der Herbsttermin dagegen eine Herausforderung: „Wir sind mit unserer Aufbauten-Sparte parallel auf der InterBlech in Hannover vertreten. Das bringt uns personell an Grenzen“, berichtet Sprecherin Astrid Vosberg. Ein Verzicht auf die Bauma sei für das 1949 in München gegründete Unternehmen, das überwiegend in Deutschland produziert – unter anderem in Werken in Freising, Kaufbeuren und Sachsenkam –, freilich keine Option: „Hier treffen wir die meisten unserer Kunden“, sagt Vosberg.

Etwa 30 Prozent weniger Besucher als 2019 erwartet Bauer-Chef Kaub – der Corona-Lockdown in China, extrem gestiegene Flugpreise und der Krieg in der Ukraine fordern ihren Tribut. Umso wichtiger war für ihn die „relative Sicherheit“, dass die Messe in München tatsächlich stattfindet, anders als die „bauma China“, die wegen des Corona-Lockdowns abgesagt wurde. Den besonders wichtigen, aber auch schwierigen Markt China, wo Bauer ein eigenes Werk betreibt, will Kaub nun, so gut es geht mit digitalen Impressionen aus München betreuen.

Doch das, so sagt der Manager, könne den persönlichen Kontakt auf der Messe nicht ersetzen. „Nach zwei Jahren, in denen wir uns überwiegend online getroffen haben, haben wir ganz klar gemerkt: Wir brauchen den persönlichen Austausch. Wir sind Menschen“, betont Kaub.

Für diesen Austausch hat das Unternehmen, das am Standort Schrobenhausen gut 1300 und weltweit weitere 1700 Mitarbeiter beschäftigt, auf dem Freigelände eine völlig neu konzipierte „Bauer City“ bauen lassen – erstmals sogar zertifiziert klimaneutral. Alle Baumaterialien sollen wiederverwendet werden, Baumpflanzungen in Bayern und Brasilien sollen den ökologischen Fußabdruck des Messeauftritts rechnerisch auf null bringen. „Ein Investment in Millionenhöhe“ sei der Messestand, sagt Kaub. Und selbst das nimmt sich noch bescheiden aus, vergleicht man es mit der Präsenz des Baumaschinen-Riesen Liebherr, der die Fläche eines ganzen Häuserblocks belegt.

Es sind sichtbare Bekenntnisse zur klassischen Messe, die da in den vergangenen Monaten in Riem in die Höhe gewachsen sind. Kein Unternehmen würde sich so etwas leisten, wenn die reale Begegnung mit den Kunden nicht so elementar wichtig wäre.

In der Bauer City hat Rüdiger Kaub mit Pavillons rund um ein mehrstöckiges Gebäude Treffpunkte geschaffen, die ein Grundbedürfnis der Besucher erfüllen: „Sie wollen sehen, mit wem sie ein Geschäft machen“, sagt der Manager. Und sie wollen es anfassen. Großgeräte, zumal Neuheiten wie das Cube System, müsse man letztlich „in Stahl und Eisen sehen“.

Und so hat Kaub in der Bauer City auch ein paar von den großen Brocken aus seinem Portfolio auffahren lassen, etwa eine turmhohe Pfahlbohrmaschine und Kastenbohrköpfe, in denen ein ausgewachsener Mann leicht Platz hätte. Ein wenig sieht das Spektakel rund um die Messehallen in Riem eben doch wie ein Riesenspielplatz für Erwachsene aus.

Doch es geht nicht um Spiele, sondern ums Geschäft, um den Industriestandort Deutschland und um die Sicherheit abertausender Arbeitsplätze. Und letztlich auch darum, wie wir unsere Welt gestalten. Denn es sind die hier ausgestellten Maschinen, mit denen Infrastruktur gebaut wird, von Straßen und U-Bahn-Netzen bis zum Kraftwerk. Die Technik wird ständig weiterentwickelt, und man wird sie immer wieder aufs Neue zu den Kunden bringen müssen. „Was online geht, wird online stattfinden“, prophezeit Stefan Sparwel. „Aber das klassische Messegeschäft wird bleiben.“

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