Sie stehen Schlange, um Essen zu bekommen, um sich ihr Überleben zu sichern. Inflation, steigende Energiepreise und Lebenshaltungskosten bringen immer mehr Menschen in Existenznöte – die Tafel ist oft ihre letzte Rettung. Die Ausgabestelle an der Großmarkthalle war schon immer gut besucht – und wird von Woche zu Woche gefragter.
Die Tafeln in Deutschland verzeichnen laut Dachverband seit Jahresbeginn einen Anstieg der Gäste von 50 Prozent. Die Tafel in München gehört zwar nicht dem Dachverband an und arbeitet unabhängig, dennoch sagt auch die Münchner Gründerin Hannelore Kiethe: „Wir erleben einen Ansturm. Früher konnte man sagen, verhungern muss in München keiner.“ Das habe sich geändert: „Bei uns melden sich Leute, die wirklich nichts mehr zu essen haben.“
Für genau jene Härtefälle hat die Münchner Tafel seit ein paar Wochen ein „Hungertelefon“ eingerichtet – täglich gehen an diesem Notfalltelefon Anrufe ein. Wer sich meldet, ist in einer existenzbedrohenden Situation. Und kriegt schnelle Hilfe. „Die Leute dürfen sofort zu uns kommen und sich Lebensmittel abholen“, sagt Kiethe. Steigende Preise belasteten diejenigen schwer, die ohnehin am Existenzminimum lebten. „Ich glaube, wir werden in Zukunft noch mehr Notversorgungen einplanen müssen“, meint die Tafel-Gründerin.
Menschen in großer Not zu helfen – das ist ihre Mission. „Und es funktioniert alles nur so gut, weil ich so tolle Leute habe, die unermüdlich helfen.“
Eine der ehrenamtlichen Helferinnen ist Elisabeth Reber (82) – sie ist von Anfang an mit dabei. Einmal die Woche steht sie an der Brot-Ausgabestelle. „Wir haben immer noch genug Ware, aber es wird kontinuierlich weniger“, sagt sie. Jeder spart – und bei der Tafel kommt weniger an. Sie hilft aus Überzeugung. Denn: „Es ist eine Arbeit, die einen zufrieden macht, gerade wenn man selbst in guten Verhältnissen lebt.“
Das bestätigt auch Katharina Beinghaus (38). Sie wohnt um die Ecke und sah beim Vorbeilaufen, wie viele Menschen die Hilfe brauchten. „Mich hat das stark berührt, deswegen habe ich mich dazu entschieden, hier anzufangen.“ Sie hat auch noch einen anderen Beruf, hält sich einen Tag die Woche aber frei, um hier mit anzupacken. „Diese Arbeit empfinde ich als sehr wichtig.“
Wie wichtig die Arbeit ist, zeigen auch die Zahlen. „Vor Corona hatten wir etwa 20 000 Gäste, mittlerweile sind es ungefähr 23 000“, sagt Tafel-Sprecher Steffen Horak. Tendenz steigend.