Abrechnung im Rathaus

von Redaktion

VON KLAUS VICK

Beim Haushalt geht es naturgemäß um Geld, um viel Geld. Und es ist meist auch die Zeit für Abrechnungen mit dem politischen Gegner. Die gab es auch am Mittwoch in der letzten Vollversammlung 2022. Am wenigsten noch von OB Dieter Reiter (SPD), der seine Rede nicht mit schnödem Zahlenwerk begann, sondern mit solidarischen Worten für die kriegsgeplagten Menschen in der Ukraine. München helfe in der Krise – und das obwohl die Folgen des Ukraine-Kriegs, der Corona-Krise und die Energiepreise den städtischen Haushalt belasteten.

Die für 2023 vorgesehene Investitionssumme von zwei Milliarden Euro bezeichnete Reiter als „gewaltig“. Bis 2026 sind es sogar 10,8 Milliarden (wir berichteten). Auch wenn die Schulden dadurch rapide anwüchsen (auf bis zu 7,6 Milliarden Euro bis 2026), die Stadt investiere zielgerichtet: in Schul- und Kitabau, bezahlbares Wohnen, soziale Hilfen und Ausbau und Sanierung des ÖPNV. Reiter: „Das ist gut und richtig.“ Mehr Unterstützung wünscht sich der OB von Bund und Land. Sein Appell: „Fangt endlich an, die Zukunft gemeinsam mit den Städten zu gestalten.“

Noch deutlicher wurden in dieser Hinsicht Kämmerer Christoph Frey (SPD) sowie Vertreter von SPD und Grünen. Frey sagte, der Freistaat lasse die Kommunen mit ihren Herausforderungen allein auf weiter Flur. So sitze München nach wie vor auf Kosten von mehr als 100 Millionen Euro für die Kontaktnachverfolgung von Corona-Erkrankten fest. Auch die Förderung im Bereich von Klimaschutz-Ausgaben sei dürftig. Und dass die Staatsregierung der Stadt München die Einführung einer Bettensteuer untersage, sei ein Eingriff nach Gutsherrenart. Angesichts des hohen Investitionsvolumens in den kommenden Jahren warnte Frey indes vor einer Schuldenfalle.

Grünen-Stadtrat Florian Roth sagte, mit den Investitionen schaffe die Koalition die Voraussetzungen für eine solidarische, gerechte und soziale Stadt. Die oftmals von der CSU kritisierten Ausgaben für den Radverkehr – 25 Millionen Euro – seien „Peanuts“ im Vergleich zum Gesamtvolumen des Haushalts. Auch Grünen-Fraktionschefin Mona Fuchs sprach von Investitionen in eine zukunftsweisende und moderne Stadt: „Wir dürfen uns nicht kaputtsparen.“ Ansonsten habe man in 20 Jahren eine marode Infrastruktur.

Christian Köning, finanzpolitischer Sprecher der SPD, bezeichnete die Stärkung der sozialen Infrastruktur und des öffentlichen Gesundheitswesens als wichtigste Aufgabe der Stadt. „Mit dem OB an der Spitze hat die Rathaus-Regierung die richtigen Weichenstellungen vorgenommen – trotz nicht einfacher Rahmenbedingungen“, sagte Köning. Roth räumte ein, dass die Koalition in der Außendarstellung „Luft nach oben“ habe. „Aber die Leistung, das Ergebnis stimmt.“

Diesen Ball nahm der Fraktionsvorsitzende der größten Oppositionspartei, Manuel Pretzl von der CSU, auf. Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg habe es eine derartige Koalition der Zerstrittenheit und Uneinigkeit gegeben, sagte Pretzl. Wie berichtet, waren sich SPD und Grüne zuletzt bei der Diskussion um eine Fortführung der Kostenfreiheit in den Kitas in die Haare gekommen. „Das wirft ein Schlaglicht auf die Regierung. München hat Besseres verdient“, erklärte Pretzl. Er warf den Grünen Arroganz vor, nahm bei seiner Rede aber mehrmals die SPD von der Kritik aus. Vom OB hätte er sich jedoch öfter gewünscht, „dass er mal auf den Tisch haut“. Und Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) nehme meist nur „Wohlfühltermine“ wahr. Inhaltlich warf Pretzl der Koalition vor, zu wenig für die Menschen in der Mitte der Gesellschaft zu tun. Beschlüsse wie das Dieselfahrverbot belasteten die Bürger.

FDP-Fraktionschef Jörg Hoffmann hielt der Koalition vor, „falsche Prioritäten zu setzen“. Die Schulden würden den Handlungsspielraum der Stadt immens einschränken. „Sie geben so viel Geld aus, weil es bequem ist.“

Allein die Personalkosten belaufen sich im Übrigen auf 2,3 Milliarden Euro. Rund 43 200 Menschen arbeiten bei der Stadt.

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