Posse um die Umwelt-Plakette

von Redaktion

VON NINA BAUTZ

Kopfschüttelnd blickt Jutta Geyer (60) noch mal aufs Autokennzeichen ihres Wagens: „Ja, da steht doch offensichtlich ein E für E-Auto!“ Und trotzdem soll sie nun 100 Euro Bußgeld plus Gebühren bezahlen, weil sie ohne grüne Plakette in die Münchner Umweltzone gefahren ist. Sie hat jetzt Einspruch eingelegt. „Das ist Geldmacherei. Lauter kann der Amtsschimmel nicht wiehern“, sagt sie.

Es ist Anfang Dezember, als das Dilemma passiert: Die Künstlerin weiß noch nicht, dass auch Elektroautos eine Plakette brauchen, als sie von ihrem Wohnort südlich von München in die Innenstadt fährt und in der Pacellistraße parkt, um ein Gemälde auszuliefern. „Warum auch? Dass das Auto emissionsfrei ist, sieht doch jeder!“ Leider ist die Regelung aber tatsächlich so. Deshalb hat sich Jutta Geyer inzwischen auch ein grünes Pickerl gekauft. Den Bußgeldbescheid will sie aber trotzdem nicht auf sich sitzen lassen. „20 Euro hätte ich ja noch verstanden. Aber 128,50 Euro mit den Gebühren – da zahl ich ja bei manch einer Geschwindigkeitsübertretung weniger. Und da werden Menschen gefährdet!“

Auch das Münchner Kreisverwaltungsreferat, das in der Regel für die Ahndung solcher Verstöße zuständig ist, hat das erkannt. „Das ist keine Münchner Regelung. Sie beruht auf der Emissionsschutzverordnung des Bundes aus dem Jahr 2006 – wo E-Autos noch keine große Rolle gespielt haben“, erklärt Christopher Habl, Abteilungsleiter der kommunalen Verkehrsüberwachung. „Im Rahmen des Opportunitätsprinzips legen wir es bei diesen Verstößen deshalb bewusst nicht streng aus und ahnden den Verstoß nicht – wenn ein E auf dem Kennzeichen erkennbar ist.“

In Geyers Fall war der Kontrolleur aber wohl ein Polizist (theoretisch hätte auch ein Bürger den Verstoß bei der Polizei anzeigen können). Und die Gesetzehüter lassen in solchen Fällen keine Gnade walten. Auf Anfrage beim Polizeiverwaltungsamt heißt es, „eine Einfahrt mit einem E-Fahrzeug mit E-Kennzeichen in eine Umweltzone ohne die erforderliche Plakette wird grundsätzlich immer geahndet“ – aufgrund der Gesetzeslage. Ein E-Kennzeichen könne „die Feinstaubplakette nicht ersetzen, da auch Hybridfahrzeuge, die neben einem Elektroantrieb auch über einen Verbrennungsmotor verfügen, zwar mit einem E-Kennzeichen versehen sein können, in der Umweltzone aber mit Benzin- oder Dieselantrieb bewegt werden können.“

Jutta Geyer kann das alles kaum glauben. Sie wird dennoch an ihrem Einspruch festhalten und gegen die in ihren Augen unsinnige Regelung kämpfen. „Vielleicht sehen die Politiker dann irgendwann auch ein, dass die Regelung geändert werden muss.“

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