Es ist eine Zahl mit großer Aussagekraft. Rund zwei Millionen Kundenkontakte gibt es im Kreisverwaltungsreferat (KVR) pro Jahr. Jeder Münchner hat also im Durchschnitt mindestens einmal im Jahr mit der Behörde zu tun. Was nicht selten mit umständlichen Wegen und Wartezeiten verbunden ist.
Das soll sich sukzessive ändern. „So viele Dienstleistungen wie möglich müssen in Zukunft digital nutzbar sein“, erklärt OB Dieter Reiter (SPD) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. „Ohne irgendetwas ausdrucken zu müssen.“ An Reiters Seite haben KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl und IT-Referentin Laura Dornheim Platz genommen. Beide Grünen-Politikerinnen sind noch nicht lange im Amt, doch Reiter hat ihnen schon zum Amtsantritt eine Art Freibrief zum Experimentieren erteilt: „Probiert neue Dinge aus“, so sein Ratschlag. Gemeint ist damit vor allem das Versuchsfeld Digitalisierung. Es sei zwar noch ein langer Weg, bis jede Dienstleistung online möglich sei. Er freue sich aber, dass KVR und IT-Referat ihre Kräfte bündelten und den Ausbau digitaler Services für die Bürger zur Priorität gemacht hätten, sagt der Oberbürgermeister.
102 Onlinedienste gibt es derzeit im Bereich des Kreisverwaltungsreferats – der digitale Parkausweisantrag, Gewerbean- und -ummeldungen sowie Urkundenbestellungen etwa aus dem Geburten-, Ehe- oder Sterberegister sind Beispiele. Relativ neu ist der Bereich Gewerbe. Laut KVR-Chefin Sammüller-Gradl wurden seit Dezember 2022 bereits 600 Neuanmeldungen, 450 Abmeldungen und 60 Ummeldungen online vorgenommen. Um Warteschlangen zu reduzieren, habe sich auch die Online-Terminvergabe im Bereich Ein- und Auswanderung bewährt.
2023 sollen laut Sammüller-Gradl weitere Dienstleistungen folgen, die online erledigt werden können – wie die elektronische Anmeldung des Wohnsitzes, bei Führerschein-Angelegenheiten oder bei der Aufenthaltserlaubnis. Im KVR selbst soll der Bürgerservice mit funktionalen Selbstbedienungs-Terminals verbessert werden. Sammüller-Gradl: „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, neue Sachen auszuprobieren.“
Laura Dornheim versichert in dieser Hinsicht, dass KVR und IT-Referat „Hand in Hand arbeiten“. 75 Leute in ihrem Hause kümmerten sich ausschließlich um Anliegen für das Kreisverwaltugsreferat, berichtet Dornheim. Über allen Bemühungen stehe die Vision, Papier zu reduzieren. Um die KVR-Hotline zu entlasten, soll außerdem ein Chatbot eingeführt werden. Dort können Bürger auf einer digitalen Plattform Fragen zu Verwaltungsangelegenheiten stellen, welche die mit künstlicher Intelligenz gespeiste Plattform beantwortet. Zur Landtagswahl 2023 ist ein Pilotversuch geplant.
Sammüller-Gradl und Dornheim würden sich wünschen, noch mehr Dienstleistungen zu digitalisieren, was aufgrund gesetzlicher Bestimmungen aktuell aber nicht möglich sei. Die beiden Referentinnen denken etwa an Kirchenaustritte. Sammüller-Gradl: „Ich halte es für falsch, mit diesem Anliegen noch immer zu einem Sachbearbeiter gehen zu müssen.“ Ein weiteres Ziel sei die Digitalisierung von Wahlbenachrichtigungen. OB Reiter spart unterdessen nicht mit Kritik an Bund und Land. Dort werde zwar viel über Strategien zur Digitalisierung geredet, letztlich passiere aber zu wenig. „Aufgrund vieler Vorschriften haben wir teilweise gar keine Chance zu digitalisieren.“