Parkhaus-Mörder nach 17 Jahren frei?

von Redaktion

VON NADJA HOFFMANN

München – Es war wohl ein Hammer, mit dem der Täter 24 Mal auf den Kopf seines Opfers einschlug: Am 15. Mai 2006 wurde die Millionärin Charlotte Böhringer (†59) getötet. Der Parkhaus-Mord erschütterte damals ganz München, bewegt die Menschen bis heute. Nun gibt es in dem Fall Neues: Der verurteilte Mörder, Böhringers Neffe Benedikt T. (48), könnte am 17. Mai freikommen. An diesem Tag ist die Mindestverbüßungsdauer seiner Haftstrafe – lebenslang unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld – abgelaufen. „Ab diesem Zeitpunkt kann frühestens eine Entlassung erfolgen“, erklärt Anne Leiding, Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft München I.

Der Parkhausmörder nach 17 Jahren auf freiem Fuß? Für Benedikt T. haben sich viele Menschen eingesetzt. Erst jüngst hat sich ein neuer Unterstützerkreis mit über 300 Personen gegründet. Darunter ist auch Münchens Alt-OB Christian Ude (siehe Kasten). Aktuell läuft zudem ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Anwalt des Täters, Peter Witting, versucht bereits zum dritten Mal, dass der Fall neu aufgerollt wird. Zweifel an dem Urteil, das in einem Mammut-Indizienprozess nach 93 Verhandlungstagen gefällt wurde, gab es schon immer. Denn: Es lagen keine klaren Beweise vor, dass T. der Tante heimtückisch aufgelauert und sie aus Habgier erschlagen hat. Nur Indizien.

Rückblick: Damit T. als Erbe und Geschäftsführer des Böhringer-Parkhauses eingesetzt wird, forderte die Tante strikt einen Jura-Abschluss von ihm. Der Neffe hatte das Studium aber schon längst geschmissen. Um das zu verheimlichen, belog er jahrelang sein engstes Umfeld, die Familie und seine Freunde.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sein Lügengebilde im Mai 2006 kurz davorstand, in sich zusammenzufallen. Um trotzdem noch Parkhaus-Chef zu werden und ans Millionen-Erbe der Tante zu kommen, soll Benedikt T. zu ihrem Mörder geworden sein.

Gestanden hat er das nie. Im Gegenteil: Der inzwischen 48-Jährige bestreitet bis heute vehement, ihr den Schädel regelrecht zertrümmert zu haben. Von der Tatwaffe fehlt jede Spur, blutverschmierte Kleidung wurde nie gefunden. Zeugen gab es nicht. Dafür 14 Anhaltspunkte, die das Schwurgericht um Richter Manfred Götzl zu einem Indizienring um Benedikt T. geschmiedet hat. Dieser Ring ist die Grundlage für das Urteil und die Haft.

Denn: T. hatte kein Alibi für die Tatzeit. Seine DNA wurde an der Leiche von Charlotte Böhringer gefunden. Am Tatort fehlten 2000 Euro: Geld, das er nach der Tat in 500-Euro-Scheinen bei sich trug. Zudem gab es am Morgen danach eine schwer nachvollziehbare Fahrt nach Augsburg – die er zunächst verschwieg. Die Ermittler suchten entlang der Strecke nach dem Tatwerkzeug – vergeblich.

Seit 2006 saß Benedikt T. in Untersuchungshaft, nach dem Urteil kam er in die JVA Straubing. Und seitdem? Laut Oberstaatsanwältin Leiding wurden die Akten nach 15 Jahren der Strafvollstreckungskammer Straubing vorgelegt. Diese habe dann die Zeit festgelegt, die der verurteilte Mörder mindestens hinter Gittern bleiben muss. „Im vorliegenden Fall waren das 17 Jahre, die am 17. Mai 2023 abgelaufen sein werden.“ Ab diesem Tag kann die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Vorausgesetzt, ein Gutachter stellt eine positive Sozialprognose.

„Über die Entlassung ist noch nicht entschieden. Momentan läuft ein Prüfverfahren“, bestätigt Thomas Polnik, Richter am zuständigen Landgericht Regensburg. Demnach hat die Strafvollstreckungskammer das Gutachten im November 2022 in Auftrag gegeben. Bis zum 15. März soll es vorliegen. Dann folgt eine richterliche Anhörung. Und danach die Entscheidung, ob Benedikt T. nach 17 Jahren tatsächlich freikommt.

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