Dreimal in Folge war das traditionelle Fischessen der Münchner CSU zuletzt abgesagt worden. 2020 und 2021 verhinderte die Corona-Krise die Veranstaltung. 2022 waren die Verantwortlichen der Partei vom Ausbruch des Ukraine-Kriegs so schockiert, dass sie damals politische Folklore für unangemessen hielten.
Am 24. Februar 2023 – exakt ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion – kam die CSU also wieder zu ihrem Fischessen im Festsaal des Hofbräuhauses zusammen. Klar, dass der Ukraine-Krieg bei den Reden am Freitagabend eine dominierende Rolle einnahm. Zumindest ein lokales Thema griff der Bezirksvorsitzende Georg Eisenreich aber explizit heraus: Das Diesel-Fahrverbot auf und innerhalb des Mittleren Rings stinkt der Münchner CSU gewaltig.
Dieser „vorschnelle Beschluss in Krisenzeiten“ sei ein Unding, polterte Eisenreich. Auch Thomas Schmid, Vorsitzender des Kreisverbandes Schwabing, der das Fischessen ausrichtet, geißelte das Fahrverbot als unverhältnismäßig. Die CSU hatte am Freitagabend sogar Unterschriftenlisten gegen den Diesel-Beschluss ausgelegt. Wie berichtet, sind vor dem Verwaltungsgericht bereits mehrere Klagen gegen die Entscheidung der grün-roten Stadtregierung eingegangen – die Eisenreich auch als „wirtschaftsfeindlich und unsozial“ bezeichnete. Überhaupt gehe den Bürgern die „Bevormundungspolitik“ der Grünen auf die Nerven.
Der Münchner SPD warf Eisenreich vor, ihren sozialen Kompass verloren zu haben, während die Grünen noch nie einen gehabt hätten. Zum Thema erzwungene Reformen fiel dem CSU-Stadtchef noch ein Beispiel ein: „Das Gendersternchen spaltet diese Gesellschaft“, kritisierte er. Was die Energiepolitik betrifft, konnte es Eisenreich nicht nachvollziehen, weshalb die Laufzeit der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke nicht über das Frühjahr hinaus verlängert wird.
Hauptredner des Abends war – wie übrigens bereits 2019 – Manfred Weber. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament betonte, es nötige gewaltigen Respekt ab, „wie die Ukrainer für ihre Freiheit kämpfen“. An deren Seite zu stehen, bedeute auch, „unsere Werte zu verteidigen“. Auf die russische Aggression könne es nur eine Antwort geben: „Volle Unterstützung für die Ukraine.“ Weber hielt der Bundesregierung vor, sie liefere hier zu wenig. Als der Europapolitiker an dieser Stelle anmerkte, die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hätte die Krise besser gemanagt, gab es indes ein Raunen im Saal und leise Buhrufe.
Der frühere CSU-Bezirksvorsitzende Ludwig Spaenle sagte, wohl selten sei Europa so gefordert gewesen wie in diesen Tagen. Spaenle erinnerte daran, dass der ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, 1992 zu Gast beim Fischessen im Hofbräuhaus war: „ein historischer Moment“. Gorbatschow habe Russland in die Mitte Europas geführt und vom „Haus Europa“ gesprochen. Spaenle: „Nun sehen wir leider, was Verbrecher an der Macht bewirken können.“