Eine Predigt, die polarisiert

von Redaktion

VON SOPHIA OBERHUBER UND JOHANNES LÖHR

Vom Publikum auf dem Nockherberg gab es Standing Ovations für die Fastenpredigt. Vom eigenen Wohnzimmer aus verfolgten bundesweit 1,9 Millionen Menschen die Starkbierprobe (ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu vor Corona: Beim letzten Derblecken 2019 waren es noch 2,72 Millionen Zuschauer). Vor allem das Ende der etwa einstündigen Ansprache an die Großkopferten polarisiert allerdings. Die einen feiern Schafroth in den sozialen Medien, die anderen kritisieren ihn streng.

Der Umgang mit Klima-Klebern in Bayern, dubiose Maskendeals, Politiker-Skandale oder Pflegenotstand: Schafroth thematisierte in seiner Fastenpredigt die Probleme, die die Gesellschaft in den vergangenen Monaten bewegten. So weit, so normal beim Derblecken auf dem Nockherberg. Wort-Watschn gab es unter anderem für Ministerpräsident Markus Söder und Justizminister Joachim Herrmann (beide CSU), besonders aber für Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Dagegen warb der Satiriker für Nachsicht mit den Protesten der „Letzten Generation“. Die lebe schließlich noch ein bisschen länger auf diesem Planeten als die Entscheider im Saal.

Bereits daran entzündet sich die Kritik. Schafroth sei einseitig gewesen, heißt es. Mancher stört sich auch am Stil des Predigers, der seine Pointen gerne mit einem Kichern begleitet. Insbesondere aber der letzte Teil der Rede lässt keinen kalt: Da bedankte sich Schafroth für die Freiheit, die damit einhergehe, in Deutschland leben zu dürfen. Sein Plädoyer für Toleranz begann er mit einer Botschaft an CDU-Chef Friedrich Merz, er entschuldigte sich für dessen „Kleine Paschas“-Äußerung in Richtung junger Muslime – und zwar nicht auf Deutsch, sondern auf Syrisch und Arabisch. All diejenigen, denen die Welt in Deutschland zu bunt und zu frei sei, sollten Platz für die machen, die die Freiheit tatsächlich schätzen.

Ein Nutzer auf Twitter schreibt dazu: „Maxi Schafroths ‚Demokratieverständnis’ hat mit Verständnis für Demokratie nichts zu tun. Das heißt einfach Andersdenkende raus.“ Der Nockherberg sei zu einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen verkommen, schimpft ein anderer. Die Bayernpartei kommentiert mit „Duckmäuserisches Massen-Meinungstum“. Man wünsche sich „kritisches Derblecken“. Münchens CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl lässt sich von der „Abendzeitung“ gar mit dem Kommentar „Beschissen“ zitieren.

Auch das falle unter die Meinungsfreiheit, erwidert Paulaner-Chef und Gastgeber Andreas Steinfatt auf Anfrage. „Es muss jeder für sich selbst entscheiden, was er sagt und wie er’s sagt.“ Steinfatt betont: „Wir lassen Maximilian Schafroth die volle Freiheit – es ist letztlich seine Überzeugung, die er da rüberbringt.“ Beim Derblecken gebe es „kaum eine versöhnliche Mitte“. Stattdessen müsse jeder selbst entscheiden, wie er die Predigt einordne.

Und so lassen sich in den sozialen Netzwerken auch viele Danksagungen finden. Von einer „sensationellen Fastenpredigt“ ist da die Rede. „Völlig zu Recht“ habe es Ovationen gegeben. Ein anderer Nutzer geht direkt auf die Kritiker ein: „Man merkt, die Leute, die Schafroth mit seiner Fastenpredigt gemeint hat, gehen steil. Getroffene Hunde bellen.“ Beim Bayerischen Rundfunk ist man voll des Lobes: „Geschliffen, schonungslos, nachdenklich, herzlich – und einfach wahnsinnig gute Unterhaltung“, nennt Kultur-Programmdirektor Björn Wilhelm Schafroths Darbietung. Er und Steinfatt loben zudem das Singspiel.

Der Paulaner-Chef kündigt an, sich wie gewohnt „in ein paar Wochen“ zu einer Manöver-Kritik mit den Künstlern treffen zu wollen. „Dann werden wir gemeinsam entscheiden, wie’s weitergeht – es müssen ja alle wieder Lust haben. Bisher habe ich aber noch nichts Gegenteiliges gehört.“

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