Aus fürs Traditionshaus

von Redaktion

VON DANIELA POHL

Es ist eine Schreckensnachricht für viele Innenstädte: Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt 52 seiner noch verbliebenen 129 Warenhäuser. Tausende Beschäftigte werden dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren und zahlreiche Innenstädte einen wichtigen Anziehungspunkt in ihren Einkaufsstraßen. Gestern veröffentlichte der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz die Schließungsliste.

Betroffen davon ist in München ein echtes Traditionshaus: Der Karstadt am Hauptbahnhof. Das Aus des am 14. März 1905 von der Kette Hermann Tietz – kurz Hertie – eröffneten Hauses wurde gestern beschlossen. Die Immobilie an sich ist weiterhin begehrt – 2015 ging sie zunächst an die Investmentgesellschaft Signature Capital, 2015 schlug die RFR Holding zu, seit 2017 gehört sie der Signa-Holding des österreichischen Investors René Benko.

2019 hat Benkos Signa-Holding auch den Konzern Galeria Karstadt Kaufhof komplett übernommen. Dieser musste Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen. Bereits 2020 hatte die Schließung von rund 40 Filialen, der Abbau von etwa 4000 Stellen und die Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht. Konzernchef Miguel Müllenbach ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten verbunden sein würde. Ursprünglich waren 81 Filialen von Schließungen bedroht.

52 Häuser stehen auf der Streichliste: 31 Standorte sollen zum 31. Januar 2024 schließen. 21 bereits zum 30. Juni 2023. Darunter auch das historische Warenhaus am Münchner Bahnhofsplatz. Die Gewerkschaft kündigt bereits Widerstand an. „Wir werden die Filiale am Bahnhof nicht kampflos aufgeben“, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Dominik Datz zu unserer Zeitung. Der denkmalgeschützte Altbau am Bahnhofsplatz, der im Besitz von Benkos Signa-Gruppe ist, wird derzeit saniert, das Kaufhaus hätte danach wieder dorthin zurückkehren sollen. Die anderen vier Standorte in München sollen bestehen bleiben.

Für die Mitarbeiter geht das Zittern zunächst weiter. Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats werden im Zuge des Insolvenzverfahrens „weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren“. Es würden nicht nur Stellen in den Schließungsfilialen wegfallen. Geplant seien auch Flächenreduzierungen und ein Personalabbau in den verbleibenden Häusern und in den Zentralfunktionen. Das Unternehmen selbst sprach von mehr als 4000 Betroffenen. Sie sollen das Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, um sich für eine neue Stelle weiter zu qualifizieren. „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, erklärte der Gesamtbetriebsrat. Dass es so weit gekommen sei, liege nicht nur an der Corona-Pandemie und den Folgen des Unkraine-Krieges, sondern auch an hausgemachten Fehlern.

In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten.

Noch ist nicht das letzte Wort über die Zukunft des Konzerns gesprochen. Am 27. März wird die Gläubigerversammlung darüber entscheiden, ob das Sanierungskonzept der Führungsspitze durchgeht. Der Insolvenzplan sieht einen erneuten Verzicht der Gläubiger in Milliardenhöhe vor. Sollten diese damit nicht einverstanden sein – was als unwahrscheinlich gilt –, droht sogar das sofortige Aus für den Konzern.

Etwas Hoffnung machte gestern der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz: Dank des zweiten Schutzschirmverfahrens gebe es noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern. „Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form“, sagte Geiwitz.

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