Das blüht uns am Streiktag

von Redaktion

VON JULIAN LIMMER

Blumenhändler Ahmed Elbasi (57) rechnet für heute mit dem Schlimmsten: „Eigentlich könnte ich mein Geschäft gleich ganz zugesperrt lassen“, sagt er, während er zwischen Lilien und Tulpen in seinem Laden in der Goethestraße 2 direkt am Hauptbahnhof steht.

Der Nahverkehr steht weitgehend still. „Zu uns kommen hauptsächlich Reisende vom Bahnhof und Mitarbeiter der umliegenden Büros – und wenn nichts fährt, ist die Gegend wie tot“, sagt Elbasi. „Für mich bedeutet das fast null Umsatz.“ Und das ausgerechnet am Wochenstart, wo normalerweise viele Leute Blumen bei ihm kaufen.

Ein Problem, das vielen Geschäften in der Innenstadt droht: „Es ist eine doppelte Katastrophe, für die die Unternehmen langsam kein Verständnis mehr haben“, sagt Wolfgang Fischer von CityPartner, dem Verband der Innenstadthändler. Denn zum einen wüssten viele Mitarbeiter der Geschäfte nicht, wie sie zur Arbeit kommen sollen. Andererseits blieben auch die Kunden weg: „Die meisten werden ihre Einkäufe im besten Fall verschieben“, sagt Fischer.

Das Münchner Traditionsunternehmen Dallmayr sperrt heute gar nicht auf: Auf roten Tafeln in den Fenstern werden die Kunden informiert, dass das Ladengeschäft im Delikatessenhaus sowie die gastronomischen Betriebe ganztägig geschlossen bleiben müssen. Mit bis zu 80 Prozent weniger Kundschaft rechnet Simona Bucur (38), die das Café Due Gourmet am Rindermarkt betreibt: „Für uns ist das schon schlimm.“ Auch einer Mitarbeiterin musste sie freigeben, weil diese nicht wusste, wie sie das Café erreichen soll. Die Chefin steht heute selbst mehr hinter der Theke. Michael Riedl (66) vom Herrenmodengeschäft Hillenbrand in der Innenstadt wird dagegen nicht in seinen Laden kommen: „Mein Kollege übernimmt. Ich wohne auf dem Land, müsste mit dem Auto reinfahren – das tue ich mir nicht an.“ Auch er findet: „Eigentlich bräuchten wir gar nicht aufmachen. Wer soll denn in die Stadt kommen?“

Im Deutschen Museum werde es „wahrscheinlich auch ein bisschen leerer sein als sonst“, sagt Sprecher Gerrit Faust. Gruppenbesucher, die ihre Tickets im Voraus gekauft hatten, konnten ihre Karten umtauschen, wenn die Anreise für sie heute unmöglich ist.

Für eine Branche könnte der Stillstand bei Bahn und Co. hingegen auch Vorteile bringen – für Münchens Taxler: „Beim letzten Streik im Nahverkehr hatte ich schon rund 50 Prozent mehr Fahrgäste“, sagt Ahmed Serdar (54), der seit zehn Jahren Taxi fährt. Er hofft also, dass heute nicht alle zu Hause im Homeoffice bleiben.

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