Wie viel Platz brauchen Fußgänger?

von Redaktion

VON ULRIKE KREMER

Es gibt wohl kaum jemanden, der auf die bunten Fleckerl in Münchens Straßenzügen verzichten will: Schanigärten und Freischankflächen, meist von Blumenkästen und Lampions umrahmt, gehören seit der Pandemie fest zum Straßenbild und Gastronomie-Geschäft. Doch eine Frage führt zunehmend zu Diskussionen: Wie umgehen mit dem Platz-Problem, das durch die eingeschränkte Nutzung von Geh- und Radwegen, Straßen und Parkplätzen entsteht?

Der Bezirksausschuss (BA) Maxvorstadt hat sich in seiner März-Sitzung mit dem Thema beschäftigt und dem Antrag der SPD-Fraktion zugestimmt, der ausreichend Platz auf Gehwegen sicherstellen soll. Demzufolge soll die Stadt die für Freischankflächen geltenden Sondernutzungsrichtlinien so abändern, dass an Stellen, an denen sich zwei Freischankflächen vor einer Gaststätte befinden und dazwischen ein öffentlicher Fußgängerweg verläuft, eine Gehwegbreite von zwei Metern eingehalten wird. Wird das nicht erreicht, sollen die Flächen nicht genehmigt werden dürfen.

Nach den derzeit in München geltenden Sondernutzungsrichtlinien muss bei Freischankflächen, die an Gehwege grenzen, eine für Fußgänger „ausreichende Breite“ verbleiben, mindestens jedoch 1,60 Meter. Bei „stärkerem Fußgängeraufkommen“ gelten dagegen mindestens drei Meter Restgehwegbreite – Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der Verkehrsbehörde.

Dem BA reicht das nicht, denn gerade in von Fußgängern stark frequentierten Bereichen, wie etwa der Türkenstraße, die überdies durch Baustellen beeinträchtigt ist, werden Gehwege zum Nadelöhr. Die Beeinträchtigungen treffen besonders behinderte Menschen und Rollstuhlfahrer, erläutert die SPD-Fraktion ihren Antrag und verweist auf die UN-Behindertenkonvention, zu deren Einhaltung sich die Stadt München verpflichtet hat. Um die darin festgeschriebene vollständige Teilhabe behinderter Menschen am öffentlichen Leben umzusetzen, müssten auch Gehwege so geplant werden, dass sich dort Rollstühle begegnen können. Den Empfehlungen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen zufolge würden dafür 1,80 Meter plus 20 Zentimeter Sicherheitsabstand benötigt.

Richard Weiss, BA-Mitglied (Grüne) und selbst Gastronom, hält die Beschränkung des Antrags auf die Konstellation von zwei zusammentreffenden Freischankflächen mit innen liegendem Fußgängerweg für einen gangbaren Kompromiss: „Im Freien brauchen Gastronomen jeden Zentimeter Fläche. Wenn diese zu klein wird, benötigt man Spezialanfertigungen bei Tischen, das kann sich keiner leisten.“ Beim Abwägen der Interessen von Gastronomen und Anwohnern geht es den BA-Mitgliedern vor allem um Fairness – und ein gutes Miteinander.

Dem Antrag der Max-Emanuel-Brauerei, zusätzlich zum bestehenden Biergarten im Innenhof eine Parkplatz-Freischankfläche an der Georgenstraße zu errichten, verweigerte das Gremium vor diesem Hintergrund seine Zustimmung: Es sei fraglich, so BA-Vorsitzende Svenja Jarchow-Pongratz, ob die äußere Fläche wirklich genehmigungsfähig ist. Auch eine erhöhte Lärmbelästigung der Anwohner scheine in Anbetracht der vorhandenen Außengastronomie im weitläufigen Biergarten unverhältnismäßig.

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