Jeder weiß: Es hagelt in dieser Zeitung Leserbriefe, wenn jemand das Wort „lecker“ in Zusammenhang mit einer bayerischen Speise verwendet. Insofern müssen Leserbriefschreiber jetzt ganz stark sein. Denn „lecker“ ist ein Kindergeburtstag. Diese Woche erreichte mich ein Bericht aus der Küche meines Freundes Markus. Sein Sohn trägt den urbayerischen Namen Kilian. Aber als ihn Markus neulich bekochte, goss Kilian seine Begeisterung in die Zeile: „Das schmeckt dumm gut.“ Der urbayerische Vater bekam Sehnsucht nach dem Adjektiv „lecker“ – und Angst. Denn der Sohn schreibt in wenigen Wochen Abitur, im Fach Deutsch.
Manche heben jetzt gelangweilt die Schultern: Es ist nun mal das Wesen der Jugendsprache, dass sich jede neue Generation sprachlich von der alten abzugrenzen versucht. Wenn die Alten „cringe“ (also: peinlich) sind und die Pässe von Messi „geistes“ (also: genial), dann entwickeln sich die Jungen genau richtig. Dabei handelt es sich um kein neues Phänomen. Was war das für ein Skandal, als in den Achtzigern ein Popsong erschien mit dem Titel „Geil“! Ein verbotenes Wort damals! Ich kenne Menschen, denen wegen dieses Songs das Taschengeld gekürzt wurde. „Dumm gut“ ist also eigentlich nur das Update von „lecker“ oder der Remix von „geil“.
Im Fall von Markus und Kilian geht es allerdings um mehr. Da ist die Formulierung „dumm gut“ auch eine Form von Rache. Markus nämlich hielt sich schon immer für den großen Maul-Jiggo (also: Sprachkünstler). Und als seine beiden Söhne so langsam das Englische für sich entdeckten und gleichzeitig Wanderungen mit den eigenen Eltern immer unerträglicher fanden (wie jeder vernünftige Mensch zwischen 12 und 40), da wollte er die Dinge einfach sprachlich regeln. Fortan ging die Familie nicht mehr wandern, sondern absolvierte „Trails“. Und die traditionell erfolglose Aufforderung, im Haushalt zu helfen, verkleidete Markus in „Challenges“. Unlängst rief er zur „Lieblingssohn-Challenge“ auf: Wer mehr Wäsche zusammenlegt, hat gewonnen. Natürlich beteiligte sich keiner der Söhne an dem sonderbaren Wettbewerb, Markus trug den Wäscheberg allein ab. Seine Söhne haben ihren Vater einfach durchschaut. War eine dumm dumme Idee, total cringe, alles andere als geil.
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