Wenn Christine S. (70) in ihrem kleinen Vorgarten in Sendling-Westpark auf dem Bankerl sitzt und liest, bekommt sie oft keinen Sonnenstrahl ab. Stattdessen blickt sie auf hohe Wohnwägen und Wohnmobile, die ihr die Sicht verdecken. „Seit Caravaning immer mehr in Mode kommt, stehen ständig solche Monster vor der Tür, da wird es richtig dunkel bei mir, das erschlägt einen.“
Die Rentnerin ist selbst begeisterte Camperin. „Aber ich miete mir das Wohnmobil. In der Stadt eines zu besitzen, finde ich schwierig. Das wird dann ein paar Wochen benutzt – und den Rest des Jahres steht es rum. Das ist eine Frage der Rücksichtnahme.“ In ihrer kleinen Anliegerstraße nahe der Murnauer Straße sei die Lage noch gar nicht mal so schlimm – an der Höglwörther, der Zielstattstraße oder der Forst-Kasten-Allee stünden Wohnmobile, Wohnwagen, Laster, ja sogar Busse und Anhänger mit Booten zu Dutzenden herum.
„Die Parkplatzsuche wird immer schwieriger durch die Wohnmobile“, stellt die Münchnerin fest, die seit fast 40 Jahren in ihrer Siedlung wohnt. Und die Sicherheit sei natürlich auch ein Thema. „Man sieht ja kaum mehr ums Eck, wenn die großen Wagen die Sicht verdecken.“
Tatsächlich hat die Zahl der Wohnmobile in München laut KVR stark zugenommen: Waren 2019 noch 6425 Camper zugelassen, sind es heute mit 14 652 mehr als doppelt so viele. Der größte Sprung – von 9548 im Jahr 2020 auf 14 346 Wohnmobile 2021 – ereignete sich in der Hochphase der Corona-Pandemie.
Während die Caravan-Besitzer früher ihre Gefährte etwa beim Bauern unterstellten, parken sie diese immer häufiger auf Münchens Straßen – vor allem am Stadtrand außerhalb von gebührenpflichtigen Parklizenzgebieten. Ist das legal? Das Mobilitätsreferat teilt mit, dass nach der bundesweit gültigen Straßenverkehrsordnung das Parken von Wohnmobilen am Fahrbahnrand grundsätzlich ohne Einschränkung überall da möglich sei, wo auch das Parken von Pkw zugelassen ist. „Voraussetzung ist nur, dass die Fahrzeuge betriebsbereit und zugelassen sind – und in einem Parkraummanagementgebiet über einen Parkausweis verfügen.“ Im Gegensatz zu Wohnmobilen müssen Wohnwagen allerdings alle zwei Wochen bewegt werden.
Der Stadt seien bei diesem Thema die Hände gebunden, so das Referat. „Kommunen haben keinerlei Befugnis, dies abweichend zu regeln. Lediglich im konkreten Einzelfall kann gegen parkende Wohnmobile vorgegangen werden, aber nur dann, wenn eine nachgewiesene Gefahr insbesondere für die übrigen Verkehrsteilnehmer ausgeht.“ Eine nennenswerte Beschwerdelage dezidiert zum Thema Parken von Wohnmobilen liege dem Referat nicht vor. Die Stadt könne ein Abstellen aber in der Regel nicht untersagen. „Eine Beschilderung, die ausschließlich dem Zweck dient, unliebsame Fahrzeuge zu vertreiben oder eine Straße optisch aufzuwerten, wäre rechtswidrig.“
Christine S. weiß sich nicht anders zu helfen, als ihr Buch einzupacken und künftig öfter zum Lesen in einen Park zu gehen. „Wenn die Automauer mich zu sehr erdrückt, werde ich an ein anderes Plätzchen flüchten, das der Seele guttut.“