Es war nur ein Routine-Eingriff – aber er endete als Albtraum für Vadim P. (53, Name geändert). Im Klinikum Großhandern hatte sich der Kellner die Polypen rausnehmen lassen. Doch seine Narkose wirkte nicht richtig – mitten in der Operation bewegte sich sein Kopf. Mit schlimmen Folgen: Im Kopf wurde eine Arterie verletzt, bis heute leidet der Mann unter den Folgen. „Ich habe schlimme Zeiten hinter mir und bin seit dieser OP im Jahr 2017 nicht mehr derselbe Mensch“, sagt der Kellner. Arbeiten konnte er nur eingeschränkt. „Ich habe ständigen Druck am Kopf und muss viele Medikamente nehmen, es geht mir nicht gut.“
Am Landgericht klagt Vadim P. deshalb auf Schmerzensgeld und fordert insgesamt 40 000 Euro. „In meinem Job als Kellner konnte ich lange gar nicht mehr arbeiten, weil es nicht möglich war, mich über Stunden hinweg zu konzentrieren.“ Erst seit einem Jahr ist es Vadim möglich, im Alltag wieder berufstätig zu sein – mehrere Anläufe hatte es dazu gebraucht. Denn noch immer muss der Kellner seinen Kopf kühlen, der bei dem Eingriff in Großhadern innerlich schwer verletzt worden war.
Das Klinikum entschuldigte sich gestern sogar beim Patienten. „So eine Geste habe ich in drei Jahrzehnten nicht oft erlebt“, sagte die erfahrene Münchner Fachanwältin für Medizinrecht Karin Brandenburger, die Vadim P. vertritt.
Ein Gutachter sollte gestern vor Gericht den Fall einschätzen und kam zu dem Ergebnis: Die Narkose war nicht ausreichend gewesen. Ziel sei, das Bewusstsein während eines Eingriffs und die Erinnerung daran auszuschalten. Zudem müsse sichergestellt werden, dass der Patient sich nicht bewegt.
Dagegen aber wehrt sich die Klinik. Das Vorgehen bei der Narkose sei so üblich gewesen. Bei stärkerer Dosierung könne es zu Komplikationen bei der Atmung und nach dem Aufwachen kommen. Aber: Mit der angewendeten Narkose-Stärke könne statistisch in drei von 100 Fällen eine Mobilität während eines Eingriffes auftreten, hätten Studien gezeigt. Das Risiko bei einer OP nehmen Patienten in Kauf.
Aber: „Gerade die Dosierungen im Kopf-Bereich muss höher sein, um Bewegungen dort unbedingt zu vermeiden“, mahnte der Experte. Bitter: Nicht jede Bewegung führt zum Schaden – bei Vadim P. war dieser leider immens. Eine „unglückliche Kombination“, resümierte Richter Mittelsten Scheid. Er regte einen Vergleich an: P. soll 28 000 Euro erhalten. Patient und Klinik müssen noch zustimmen. A. THIEME