Ermittlungen am virtuellen Tatort

von Redaktion

VON NADJA HOFFMANN

Nach vier Jahren Entwicklungszeit hat das LKA sein eigenes Holodeck vorgestellt: den Tatort-Virtual-Reality-Raum. Er ermöglicht es, jederzeit an den Ort zurückgehen, an dem gerade ein Verbrechen- oder Unglück stattgefunden hat.

„Das Holodeck revolutioniert die moderne Tatort- und Ermittlungsarbeit“, erklärte Innenminister Joachim Hermann (CSU). Denn: Polizisten, Sachverständige und Staatsanwälte bekommen in der 3D-Welt die Möglichkeit, die Begebenheiten eines Falls aus allen Positionen zu betrachten und zu analysieren. Aussagen von Tatverdächtigen und Beobachtern können rekonstruiert werden. Wie glaubhaft die Aussage eines Zeugen ist, lässt sich praktisch virtuell mitten im Geschehen überprüfen, erklärte Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU). „Wir gehen mit Hightech auf Verbrecherjagd.“

Von polizeilicher Pionierarbeit spricht auch Ralf Breker, der das Fachgebiet Forensische Medientechnik im Kriminaltechnischen Institut des LKA leitet. Virtuelle Realität sei seit 2014 Thema, das 670 000 Euro teure und 70 Quadratmeter große Holodeck dann ab 2019 entwickelt worden. Dabei wird ein fotorealistischer Zwilling eines Tatorts entwickelt: Entweder durch vorhandenes Fotomaterial wie beim Oktoberfest-Attentat oder mit Scannern vor Ort wie beim schweren Zugunglück in Burgrain (siehe Kasten).

Mindestens sechs bis acht Stunden dauert es, bis alle notwendigen Aufnahmen und Infos vorhanden sind. Aus rund 100 Gigabyte Datenvolumen erschaffen die Rechner dann den virtuellen Tatort. An ihn können die Nutzer selbst gehen, in dem sie einen digitalen Avatar von sich erschaffen. Eine Möglichkeit, die die beiden Minister vorab ausprobiert haben. Sie erscheinen so im vorgestellten Szenario digital vor Ort an der S-Bahn-Station Karlsplatz. Dort wurde im Beispielfall eine Person ins Gleis geschubst.

Das Zusammentreffen von bis zu 100 Ermittlern ist zeitgleich an einem virtuellen Tatort möglich. „Sie können so Informationen austauschen, Hypothesen diskutieren und ihre Fachkenntnisse kombinieren, um komplexe Fälle schneller zu lösen“, verdeutlichte Herrmann. Nach der Entwicklungsphase will das LKA nun die Zusammenarbeit mit den Polizeipräsidien intensivieren. „Tatortarbeit wird immer digitaler“, unterstrich LKA-Chef Harald Pickert. Und München geht voraus: Mit dem hochmodernen Holodeck nimmt das LKA deutschlandweit eine Vorreiterrolle ein.

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