In der Nacht wachte Serge Kaiser auf, weil er starken Rauch bemerkte. Der 64-Jährige verwaltet das Areal im Olympiapark. Mit einem Feuerlöscher lief er vom Wohnhaus zu der kleinen Friedenskirche. „Als ich die Tür öffnete, gab es direkt Explosionen“, erzählt er. Kaiser brachte sich in Sicherheit, wenig später traf die Berufsfeuerwehr ein.
Die Kirche inmitten des Tollwood-Geländes stand laut einem Feuerwehr-Sprecher lichterloh in Flammen. „Die Flammen beschädigten bereits umliegende Bäume und eine Stromleitung.“ 20 Einsatzkräfte seien im Einsatz gewesen. „Mehrere Atemschutztrupps begannen umgehend mit den Löschmaßnahmen.“ Nach 20 Minuten war das Feuer unter Kontrolle. Doch das Gebäude brannte bis auf den Grund nieder. Bis drei Uhr morgens dauerten die Löscharbeiten. Wegen der beschädigten Leitung mussten die Stadtwerke auch noch den Strom abschalten.
Wenige Stunden zuvor hatte die Band Rammstein im Olympiapark ihr drittes Konzert nacheinander in München gegeben, laut Polizei schauten auch 3000 Münchner vom Olympiaberg zu. Doch der Platz sei bereits gegen Mitternacht geräumt worden. Eine Verbindung zu der aufwendigen Pyrotechnik des Konzerts sei „ausgeschlossen“, sagte ein Polizeisprecher. Auch Hinweise auf eine vorsätzliche Brandstiftung gibt es nicht.
Vor dem Gelände der Friedenskirche stand am Abend noch ein Sicherheitsdienst – er hatte aufgrund der Rauchentwicklung auch die Feuerwehr gerufen. Experten gehen nun von einem möglichen technischen Defekt als Brandursache aus – auch Serge Kaiser glaubt an einen Kurzschluss in der Kirche.
Weinend schmiegte sich seine Tochter an den jetzigen Kirchen-Verwalter: „Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist, Papa.“ Kaiser selbst hofft, dass die Kirchenräume wieder aufgebaut werden – „vielleicht steht das Feuer für einen Neuanfang“, so seine spirituelle Sichtweise auf den dramatischen Brand. Rund um die Kirche wird derzeit das Sommer-Tollwood aufgebaut. Sprecherin Stefanie Kneer sprach ihr Mitgefühl aus und sagte, dass der Aufbau trotz Brand normal weiterlaufe.
Väterchen Timofej, der die Friedenskirche errichtet hatte, wurde 110 Jahre alt – am 14. Juli 2004 verstarb er, in München wurde er zur Legende: Im russischen Reich geboren, kam er nach dem Zweiten Weltkrieg in die Stadt und errichtete 1952 die Ost-West-Friedenskirche mit seiner Frau Natascha. Damals ganz ohne Baugenehmigung – sie wurde zu einem besonderen Ort im Münchner Norden. Denn die Kirche ist eine christliche: weder katholisch, noch orthodox. „Sie wurde zur Vereinigung von allen Christen gebaut“, sagt Serge Kaiser (64), der Verwalter des Erbes von Timofej – von 1994 bis 2004 hatten sie noch zusammengearbeitet. Seither betreut Kaiser das Anwesen im Olympiapark, wo er auch selbst noch lebt.