Kleiner Prinz, großer Ärger

von Redaktion

INTERVIEW Drag-King Eric BigClit über den politischen Zoff seinetwegen

VON ISABEL WINKLBAUER

Heute lesen die Drag-Künstler Vicky Voyage und Eric BigClit Kindern in der Stadtbibliothek Bogenhausen etwas vor – eine Veranstaltung, die für heftige politische Verwerfungen gesorgt hat. Wir haben mit Eric BigClit gesprochen. Er kommt aus Salzburg, ist 33 Jahre alt und heißt bürgerlich Alice Möschl.

Herr BigClit, sind Sie als Mann oder Frau geboren?

Darauf antworte ich nicht.

Da Sie sich BigClit (dt.: große Klitoris) nennen, fragt man sich nun mal: Hat er überhaupt eine?

Eric BigClit ist ein Kunstcharakter. Sein Name lässt Fantasien entstehen, die möchte ich dem Betrachter nicht nehmen. Ich will Zauber verbreiten, den Horizont öffnen. Die Zuschauer sollen neue Aspekte in sich entdecken, die sie noch nicht kennen. Was ich zwischen den Beinen habe, geht dabei niemanden etwas an. Sagen wir so, ich definiere mich als genderfluid. Ich weiß, dass das nicht so einfach zu verstehen ist. Aber das ist gut, so reden wir.

Ihre Kostüme sind oft sehr pompös. Wie treten Sie heute in der Stadtbibliothek vor den Kindern auf?

Wenn ich ein Kinderbuch vorlese, kostümiere ich mich nicht als mächtiger Drag-King, das ist doch klar. Ich habe Sozialarbeit studiert, schon viele Workshops mit Kindern und Jugendlichen gemacht – ich weiß, dass die Kleinen da womöglich Angst bekommen. Ich möchte bei der Lesung gerne ausschauen wie eine Märchenfigur, wie ein Prinz. Ich werde ein neues Kostüm dafür kreieren. Wahrscheinlich blau. Ich freue mich schon auf die freudigen Gesichter!

Aus welchen Büchern lesen Sie?

Unter anderem aus dem „Kleinen Prinzen“ von Saint-Exupéry. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ ist eine tolle Botschaft. Es wird viel ums Herz gehen. Da bin ich kitschig. Diejenigen, die die Veranstaltung kritisieren, wären enttäuscht und gelangweilt.

Wie verkraften Sie den Rummel um die Lesung? Wurden Sie bedroht?

Ja, es gab Androhungen von körperlicher Gewalt. Und die Aufforderung, ich solle die Kinder in Ruhe lassen. Was stellen sich diese Leute vor? Kindesmissbrauch ist ein ernstes Thema, dafür muss die Gesellschaft eine Lösung finden. Stattdessen wird es an Menschen weitergetragen, zu denen es gar nicht gehört.

Haben Sie überlegt, abzusagen?

Nein, ich will präsent sein. Ich lese doch nur in einem Outfit Bücher vor.

Vor der Bibliothek wollen Drag-Kritiker demonstrieren. Fühlen Sie sich sicher?

Ich vertraue auf den gesunden Menschenverstand. Die meisten Menschen sind nicht böse, sondern gestresst. Wir haben schwierige Zeiten.

Ist München prüde?

Ich habe schon das Gefühl, dass München ein Problem mit LGBTQ-Themen hat. Das war vor 20 Jahren noch anders, höre ich öfter.

Was sagen Sie: Soll die CSU an der Polit-Parade des Christopher Street Days teilnehmen?

Schwierig, wenn eine Partei gegen etwas ist und sich dann plötzlich dafür ausspricht. Das muss man schon ausdiskutieren. Für immer Nein zu sagen, finde ich aber nicht okay. Alle sollen am selben Strang ziehen!

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