Verteilungskämpfe auf der Verkehrsader

von Redaktion

VON DANIELA POHL

Mittagszeit am Goetheplatz. Die Sonne brennt vom Himmel. Die Stimmung ist aufgeheizt. Autos hupen. Ein Radfahrer schießt an einem Pulk von Passanten vorbei, schreit ihnen in Rage zu, vom Radweg runterzugehen, und setzt seinen Zickzack-Kurs fort. Eine Frau schert plötzlich aus. Vollbremsung – das war knapp.

Die Lindwurmstraße hat es in sich: Teils schlecht ausgebaute, schmale Radwege machen die Fahrt zum Abenteuer, die Unfallgefahr ist groß. Radler, Autofahrer und Fußgänger zanken sich hier um jeden Zentimeter. Das will das Mobilitätsreferat jetzt ändern – und die Straße sicherer machen. Der Plan: Pro Fahrtrichtung soll eine Autospur wegfallen, und dafür je Richtung ein Radweg von mindestens 2,50 Metern gebaut werden. Die neuen Radwege sollen vor die Bäume verlegt werden, wo heute Autospuren oder Parkplätze sind. Auch Fußgänger sollen mehr Platz bekommen. Von etwa 400 Parkplätzen müsste die Hälfte weichen, für den Lieferverkehr sind aber Lieferzonen vorgesehen.

Unter der sengenden Sonne am Goetheplatz sind die Meinungen gespalten. „Ich finde es erstaunlich, dass die Stadt alle Straßen so klein macht, dass die Leute nicht mehr in die Innenstadt kommen“, sagt Simone Jelli von Betten Bähren. Das Fachgeschäft gibt es seit 1949. „Die Kunden haben immer davon profitiert, dass sie hier parken können. Durch den Wegfall von Parkplätzen wird die Innenstadt noch mehr verwaisen“, so Jelli. Anwohner Nico V. ist indes zwiegespalten. „Für die Radfahrer ist der Plan gut, weil es hier echt gefährlich ist“, sagt der 31-Jährige, der viel radelt, aber auch ein Auto hat. Sein Fazit: „Es gibt keine perfekte Lösung für das Problem.“

Ein Riesenproblem hat Malermeister Josef Steiger. „Ich parke oft illegal – weil ich muss. Mit diesen Plänen schafft sich München ab!“

Noch ist das Projekt nicht beschlossen, das Mobilitätsreferat wolle die Beschlussvorlage 2024 in den Stadtrat einbringen, teilt eine Sprecherin mit. Die Pläne sind schon jetzt Thema. Grünen-Stadträtin Gudrun Lux betont, wie wichtig die Lindwurmstraße für Radler sei, das zeigten auch die Zahlen: „2022 waren im Vergleich zu 2011 35 Prozent weniger Autos auf der Lindwurmstraße unterwegs. Der Radverkehr hingegen ist um gut 70 Prozent angewachsen“, so Lux. „Durch die Trennung von Rad- und Fußverkehr erhöhen wir die Sicherheit für beide Gruppen enorm.“ Nikolaus Gradl von der SPD sieht das ähnlich, ihm sei aber wichtig, dass die Pappelallee erhalten bleibe. Die Pläne sehen das auch vor. Die CSU hält eine Verbesserung der Radwege „für notwendig“. „Gleichzeitig muss aber sichergestellt sein, dass die Lindwurmstraße nicht zur Staufalle wird“, fordert Veronika Mirlach.

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