München feiert die Vielfalt

von Redaktion

VON YVONNE STIRNER

Allein am beeindruckenden Demonstrationszug für Vielfalt und Toleranz beteiligten sich mehr als 180 Gruppen und Initiativen: Sie zogen mit geschmückten Wagen, kostümierten Fußgruppen und Motorrädern durch die Innenstadt. Etwa 60 000 Menschen nahmen an der Parade teil, bejubelt von rund 460 000 Zuschauern. Darunter auch Familien mit Kindern und auffällig viele Jugendliche. In den Fest-Zonen auf dem Marien- und auf dem Odeonsplatz feierten Zigtausende den ganzen Tag. CSD-Besucherin Christina S.: „So eine irre Stimmung habe ich noch nie erlebt. So viele unterschiedliche Menschen so dicht beieinander und trotzdem bleibt alles so positiv und friedlich.“ Das bestätigte auch die Polizei. Es kam zu keinerlei Vorfällen, bilanzierte ein Sprecher.

Allerdings mischten sich auch nachdenkliche Worte in die überschäumende Stimmung. Münchens zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) sagte: „Zwischen 2010 und 2021 haben sich Delikte gegen queere Menschen versiebenfacht.“ Derzeit stehe viel auf dem Spiel, was Generationen von Aktivisten erkämpft hätten. „Gleichstellung und Akzeptanz müssen ernst gemeint sein. Sie brauchen Überzeugung. Sie brauchen eine klare Haltung“, so Habenschaden.

Eine klare Haltung, daran mangelte es an diesem Samstag nicht. Viele Teilnehmer forderten auf Schildern und Transparenten Chancengleichheit und weltweite Anerkennung der LGBTQ+-Szene. Ein Kampf, der in München mit zum Teil schrillen Protagonisten geführt wurde – von fast nackt bis extrem aufwendig kostümiert.

Der CSD prägte dabei schon am Morgen das Stadtbild. Während viele Münchner den sonnigen Tag zum Shoppen nutzten, füllte sich minütlich die Fußgängerzone mit immer weiteren Besuchern. Unter ihnen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Drag-Queen Franka. Sie ist jedes Jahr auf dem CSD und fällt dabei stets durch ihre einfallsreichen Kostümierungen auf. Heuer wurde es zu Ehren der verstorbenen Queen eine riesige Krone als Kleid.

Um 12 Uhr setzte sich dann der gewaltige Zug vom Mariahilfplatz aus in Bewegung. Reiter als CSD-Schirmherr war vorne dabei. In den Händen ein Transparent mit der Forderung „Queerer Aktionsplan Bayern jetzt”. Das ist das Motto des diesjährigen CSD. Als einziges Bundesland in Deutschland hat Bayern keinen Plan, der feste Ziele vorgibt, wie die queere Gemeinschaft unterstützt werden soll. Angesichts der Häufung von Hasskriminalität gegen die Szene wäre ein solcher Aktionsplan allerdings „sehr wichtig“, findet Olaf Wunderbar aus Hamburg. Als queer bezeichnen sich nicht heterosexuelle Menschen beziehungsweise solche, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Die Party, sie schien unterdessen kein Ende nehmen zu wollen. Noch um Mitternacht sah man Menschen mit Regenbogenschminke am Hauptbahnhof. „Das war der schönste Münchner CSD jemals“, sagte Chris Weber, der mit einer der letzten U-Bahnen nach Hause fuhr. Tausende andere feierten die Nacht durch.

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