Brutaler Angriff auf blinde Frau

von Redaktion

Patentamt: Räuber überfällt Mitarbeiterin (57) und belästigt sie – Amtsgericht verurteilt Täter zu Haftstrafe

Mit ihrem Stock tastet sie vorsichtig nach dem Weg, langsam setzt Corinna P. (57, Name geändert) einen Fuß vor den anderen – bis sie am Saal A124 des Amtsgerichts steht. Hier musste die blinde Frau gestern als Zeugin aussagen – gegen den Mann, der sie am 24. November brutal überfallen hatte. Noch immer sitzt der Patentamtsmitarbeiterin der Schrecken in den Gliedern, wenn sie sich an den Vorfall erinnert.

Frühmorgens gegen 7.42 Uhr hatte sie sich damals auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz an der Zweibrückenstraße gemacht, als Kiro R. (26) sie im Innenhof plötzlich von hinten attackierte. „Er wollte mir die Handtasche entreißen“, sagt Corinna P. Zudem hatte der Bulgare die blinde Frau am Po und an den Schenkeln begrapscht. Als er sie zu Boden stieß, zog er sich nackt aus – bis Kollegen aus dem Patentamt die Schreie des Opfers hörten. „Ich war völlig entsetzt und habe um Hilfe gerufen“, sagt Corinna P.

Der Sicherheitsdienst nahm Kiro R. dann fest – gestern wurde ihm der Prozess am Amtsgericht gemacht. „Es tut mir sehr leid, ich bereue diese Tat und schäme mich sehr“, sagte der Bulgare sichtlich bewegt. „Mein Mandant kann sich drogenbedingt nur schemenhaft erinnern“, ergänzte seine Strafverteidigerin Ruth Beer. Eine Gutachterin stufte ihn als psychisch „sehr auffällig ein“. Schon in seiner Kindheit habe er Drogen konsumiert – bis heute. In diesem Zustand war es wohl auch zu dem Überfall und der sexuellen Belästigung gekommen.

Kein Einzelfall: Sieben Verbrechen hatte Kiro R. allein in den vergangenen drei Jahren begangen. Entsprechend gab es für ihn gestern keine Gnade: Amtsrichterin Sonja Öttl verurteilte Kiro R. zu einem Jahr und zehn Monaten Haft – ohne Bewährung. Denn er hatte bei seiner Festnahme auch „gezielt versucht“ die Sicherheitsbeamten durch Tritte zu verletzen.

Für die blinde Corinna P. seien hingegen vor allem die „seelischen Folgen gravierend“, rügte die Richterin. Seit 1984 arbeitet Corinna P. beim Patentamt, geht täglich denselben Weg zur Arbeit. „Es ist ihr zu wünschen, dass sie gut über den Vorfall hinwegkommt“, sagte Öttl. „Bis heute nehme ich psychologische Hilfe in Anspruch“, sagt P. Sie habe Ängste im Alltag, aber will sich nicht unterkriegen lassen. ANDREAS THIEME

Artikel 8 von 10