Wenn man wie wir umgezogen ist, und sei es auch nur zwei, drei Kilometer, entdeckt man in der Stadt viel Neues. Zum Beispiel Restaurants. Da haben wir es gut getroffen, regelmäßig gehen wir auf Entdeckungsreise durchs Viertel. Neugierig lugen wir ums nächste und übernächste Eck – und schon wieder eine bisher unbekannte kulinarische Verlockung. Und das Schöne daran: Wir können in jedes Lokal hineingehen ohne die Sorge, eine Rauchvergiftung zu erleiden. Das war ja vor 15 Jahren noch ganz anders: Überall durfte gepafft werden, und in 80 Prozent der Fälle gab Frau K., militanteste Nichtraucherin des Planeten, zwei Sekunden nach Betreten der Gaststätte den Befehl zum Wiederaufbruch. Illusionen der Köstlichkeit, die sich bei Sichtung der Speisekarte im Schaukasten vor der Eingangstür aufgebaut hatten, brachen mit einem kurzen Nasenschnuppern zusammen. „Nein“, Absatz kehrt, das war’s. Das Rauchverbot, das der tapfere ÖDP-Politiker Sebastian Frankenberger 2010 über einen Volksentscheid erzwang, hat uns für die Gastronomie gerettet. Und sie für uns.
Heute wird allgemein gutgeheißen, dass es so gekommen ist. Dennoch eine kurze Überlegung, ob eine solch ehrbare Initiative heute noch durchginge, wenn Rauchen in den Kneipen und Lokalen noch erlaubt wäre.
Die bayerische FDP würde sich querstellen. Weil sie für den Verbrenner kämpft und das Rauchen einer Zigarette solch ein Verbrennungsvorgang ist. Die FDP ist aber technologieoffen und fände, in Innenräumen müsste man E-Zigaretten und diverse Dampfapparate zulassen.
Hubert Aiwanger von den Radika… den Freien Wählern würde mit Rauchen jetzt vielleicht sogar anfangen, weil Nichtrauchen woke ist und er sich von irgendwelchen Ökos „nicht umerziehen lassen“ will. Auf dem Volksfestplatz in Erding fordert er, unterstützt von Monika Gruber: „Holen wir uns die Rauchwolken über unseren Stammtischen zurück.“ Außerdem vertreibe rauchgeschwängerte Luft Wolf und Bär, die kurz davor stünden, in bayerische Gemeinden einzufallen, weil die Berliner Ampel sie nicht aufhält.
Die AfD würde die Subventionierung der deutschen Zigarette fordern, man dürfe den „seit der unkontrollierten Migration von 2015“ immer mehr werdenden Shisha-Bars nicht das Feld überlassen. Rauchen für Deutschland.
Markus Söder wartet erst einmal die Umfragen ab und entscheidet, was besser in den Wahlkampf passt. Oder er richtet sich nach dem Ort seines Auftritts. Im Bierzelt flammendes Plädoyer, dass der Tabak zum Bier gehört und beide Genussmittel sich zu weiß-blauer Lebensqualität vereinen. Wenn er indes wieder eine Freiwillige Feuerwehr besucht, klare Verurteilung des Brandfaktors Glimmstängel – aus Respekt vor dem Ehrenamt.
SPD und Grüne träten dafür ein, das Rauchen in gastronomischen Betrieben rigoros zu unterbinden – Ausnahme: Im Nebenzimmer trifft sich ein Social Club, der Cannabis anbaut – da dürfte dann nach dem Essen durchaus eine Tüte verkonsumiert werden.
Wie man das Gemisch aus Küchen- und Joint-Düften empfinden würde? Kann man testen: Einfach mal übers Tollwood-Festival bummeln. Ist eh die derzeitige Alternative zum Restaurant-Hopping.
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