Angst vor hohen Nachzahlungen

von Redaktion

VON DANIELA POHL UND SASCHA KAROWSKI

Seit drei Monaten steht Willi Kohler (80) unter Strom. „Ich habe den Stadtwerken meinen Stromzählerstand am 8. April übermittelt – seitdem warte ich auf meine Rechnung.“ Vier Mal hat der Münchner schon bei dem Versorger angerufen. Mal sei er vertröstet worden, mal habe es geheißen, es gebe eine Rechnungssperre wegen der Strompreisbremse und komplizierter Berechnungen. „Die Dame am Telefon hat gesagt, ich soll mich beruhigen, es gehe ja tausenden anderen Kunden genauso.“ Doch Kohler hat keine Ruhe, er ist in Rage: „Ich weiß ja gar nicht, welche Kosten jetzt auf mich zukommen!“

Auch Politiker sind zornig. „Es ist unverständlich, dass es einem der größten kommunalen Energieversorger Deutschlands nicht gelingt, den Kunden mitzuteilen, wie hoch ihre Abschlagszahlungen und Stromrechnungen sein werden“, schimpft etwa CSU-Chef Manuel Pretzl. Seine Fraktion hat am Freitag mehrere Anträge zu dem Thema gestellt, es geht um mehr Transparenz und eine bessere Kommunikation mit den Kunden. „Die Menschen in der Stadt werden überfordert sein, hohe Nachzahlungen zu leisten, weil sie nicht die Möglichkeit hatten, Rücklagen anzulegen.“

Eine ähnliche Stoßrichtung verfolgen auch die Grünen, in einem Antrag der Fraktion wird der städtische Energieversorger zu Kulanz aufgefordert. „Vielen Haushalten droht das Risiko, plötzlich mit einer hohen Forderung der SWM konfrontiert zu werden“, sagt Fraktionschef Dominik Krause. „Für Haushalte mit geringerem Einkommen könnte sich das zu einer ernsten Situation entwickeln.“ Die Stadt solle daher darauf achten, dass niemand wegen dieser Situation in existenzielle Nöte gerät. „Ein städtisches Tochterunternehmen muss sozial verantwortlich handeln und denjenigen, die es brauchen, kulant entgegenkommen.“

OB Dieter Reiter (SPD) sagte auf Anfrage unserer Zeitung, als Aufsichtsratsvorsitzender der SWM habe er bereits darum gebeten, die Kunden rechtzeitig über die Entwicklung der Preise zu informieren und bei möglichen Zahlungsschwierigkeiten auch individuelle Lösungen zu finden. „Die SWM haben versichert, dass dies selbstverständlich auch bei den aktuellen Fällen vorgesehen ist.“

Laut Unternehmens-Sprecherin Bettina Hess liefe die Abrechnung seit Mitte Juni wieder im normalen Turnus, in Einzelfällen und bei bestimmten Verträgen könne es noch zu Verzögerungen kommen. „Bislang stellen wir aber keine Häufung von hohen Nachzahlungen fest, über 65 Prozent der Nachzahlungen liegen unter 100 Euro.“ Wer Zahlungsschwierigkeiten habe, solle sich mit dem Unternehmen in Verbindung setzen. „Wir haben schon immer mit Kunden individuelle Lösungen# bei Zahlungsschwierigkeiten vereinbart. Dies entspricht der Unternehmenshaltung.“

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