Der Stufenplan für das Diesel-Fahrverbot ist erst mal vom Tisch – das hat die Vollversammlung des Stadtrats gestern beschlossen. SPD-Fraktionschefin Anne Hübner hatte dabei leichtes Spiel. Sie konnte sich sowohl beim politischen Gegner als auch beim Koalitionspartner bedanken. Für das von beiden Seiten attestierte Prädikat einer „verhältnismäßigen Politik“, wie Hübner süffisant anmerkte. Allerdings gab es das Lob der CSU und der Grünen für die Sozialdemokraten aus unterschiedlichen Motiven. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl sagte, ohne den Druck der SPD wären die Grünen beim Diesel-Fahrverbot nie eingeknickt. Florian Roth, Stadtrat der Grünen, wiederum erklärte, für die SPD sei es sicher nicht leicht gewesen, das abgestufte Diesel-Fahrverbot einzuführen.
Das Verbot für Euro-4-Diesel am und innerhalb des Mittleren Rings bleibt zwar grundsätzlich erhalten. Aber die von vielen befürchtete Stufe zwei – das Verbot für Euro-5-Fahrzeuge – wird ausgesetzt. Es hätte nach dem ursprünglichen Beschluss der grün-roten Rathaus-Regierung schon von Oktober an gelten sollen. Die darüber hinaus geplante Stufe drei wird sogar komplett aufgehoben.
Aufatmen daher bei Anwohnern und Handwerkern: Sie dürfen weiterhin mit Dieseln aller Schadstoffklassen überall in der Stadt unterwegs sein. Maßgeblich für diesen Schritt sind die gesunkenen Stickstoffdioxidwerte in der Stadt. Für CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl die Bestätigung seiner Einschätzung. „Man hätte dieses ganze bürokratische Monster nicht aufbauen müssen“, sagte er.
Doch wie geht es nach dem Beschluss jetzt weiter? Sollten sich die Werte verschlechtern, kann die ausgesetzte Stufe zwei immer noch in Kraft treten, teilt die Stadt mit. Ob das passiert, werde auf Basis der gesamten Messwerte 2023 und einer gutachterlichen Prognose voraussichtlich im Mai 2024 entschieden. Erwartet wird allerdings keine Verschlechterung der Luftqualität. Kritik an der Entscheidung kommt von der Deutschen Umwelthilfe. Sie bezeichnet den Beschluss des Stadtrats als „durchschaubares Wahlkampfmanöver“ und plant eine Prüfung rechtlicher Mittel.
Die CSU fordert dagegen auch die Aufhebung des bestehenden Fahrverbots für Euro-4-Diesel. Dagegen laufen auch Klagen. Das Fahrverbot gelte weiterhin, weil die Werte an der Landshuter Allee immer noch nicht eingehalten werden, erläuterte Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne). Aber: „Laut Prognosen von externen Gutachtern werden 2024 erstmalig stadtweit die Grenzwerte eingehalten.“
Die Debatte um die Diesel-Fahrverbote kam auf, weil die EU-Grenzwerte für Stickoxid lange Zeit überschritten wurden. 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft sind erlaubt – vor allem an der Landshuter Allee und der Tegernseer Landstraße wurde weitaus mehr gemessen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte daraufhin nach einer Klage den Stufenplan mit der Stadt ausgehandelt.