Kraftakt in der Ochsenbraterei

von Redaktion

VON JOHANNA KRAUSE

Um 4.30 Uhr klingelt bei Markus Schlawe (51) jeden Morgen der Wecker – und wenn alles gut geht, hat er um 18 Uhr Feierabend. Er hat viel zu tun in diesen Tagen und einen wichtigen Job. Im Schnitt schuftet er Zehn-Stunden-Schichten für den Aufbau der Wiesn. Genauer: der Ochsenbraterei.

90 Meter lang, 40 Meter breit und 14 Meter hoch ist der Zeltriese. Kilometerweise Kabel sind zu verlegen, mehr als 120 handbemalte Figuren aufzustellen. „Die Anspannung ist hoch, die Zeit knapp bemessen“, sagt Schlawe. Er strahlt trotzdem. Er ist Zeltmeister. Seit vielen Jahren leitet er den Aufbau der Ochsenbraterei. Damit trägt er die Verantwortung für sich selbst, sein siebenköpfiges Team und das Zelt.

„Das ist eine hohe psychische und physische Belastung, aber ich habe ein großartiges Team.“ Das muss unter anderem 36 schwere Leimbinder (die großen Balken) aufstellen und verschrauben. Außerdem Seile einspannen, Blechdächer montieren, Wände stellen, Fenster und Toiletten einbauen sowie viele Muttern auf Schrauben drehen. Neben Schlawe und seinen Zimmerern sind noch viele andere Handwerker im Einsatz, etwa für die Wasser- und Gasinstallation sowie die Dekoration. Trotz des hohen Zeitdrucks wirkt Schlawe gelassen: „Wenn der erste Teil des Hauptschiffs steht, kann ich durchatmen. Der zweite Teil mit Innenausbau ist dann aber auch nervenaufreibend“, sagt er.

Wenn das Wetter nicht mitspielt, ist Umplanen angesagt. Das Zelt verträgt beim Aufbau keinen starken Regen, denn dann saugen sich die Holzteile mit Wasser voll. Und dann noch die Sommerhitze! Zuletzt ist das Wetter (aus Zimmerer-Sicht glücklicherweise) mild. Aber Schlawe erinnert sich auch an drei Tage hintereinander mit 38 Grad. Wer da körperlich schuften muss, weiß abends, was er getan hat: „Zukünftig müssen wir uns verstärkt damit auseinandersetzen, denn die Sicherheit und Gesundheit aller Beteiligten steht ganz oben.“ Alles mühsam, tonnenweise Material und literweise Schweiß. Aber Schlawe weiß: Es lohnt sich.

Der emotionalste Moment ist für ihn der Anstich-Samstag. Wenn die Menschenmassen in die Zelte strömen, steht er mit der Wirtsfamilie Haberl auf der Empore und freut sich über die glücklichen Gesichter. Wichtig sind ihm aber vor allem die anderen Handwerker, die mit ihm das Zelt aufbauen: „Ich freue mich jedes Jahr, alle wiederzusehen. Der Zusammenhalt ist das, was die Wiesn zu dem macht, was sie ist.“ Sie geht Schlawe unter die Haut – und das sogar im ganz wörtlichen Sinne. Das Tattoo auf seinem linken Unterarm nennt die Koordinaten der Ochsenbraterei: „Hier habe ich vor acht Jahren meine Freundin kennengelernt.“ Ob er 2024 wieder mit aufbaut, weiß er noch nicht, sagt er. Aber seine Augen glänzen.

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