Berlin – Die Bundesnetzagentur will eine Strompreisreform mit niedrigeren Gebühren für Regionen mit viel Windkraft. Bislang würden Regionen, die besonders auf Windkraft setzten, finanziell besonders stark belastet, sagte der Präsident der Behörde, Klaus Müller, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Im Bundestag liege ein Gesetzentwurf, der die Netzagentur autorisieren würde, faire Netzentgelte einzuführen. „Sobald das Gesetz verabschiedet ist, werden wir einen Vorschlag für die Reform machen.“
Müller sagte weiter: „Ich treffe keinen Energieminister in den Bundesländern, der dieses historisch gewachsene System noch gutheißt.“ Schließlich seien auch Regionen in Süddeutschland betroffen, in denen viele Windräder aufgestellt und ans Netz angeschlossen würden. Sein Eindruck sei, dass die Energieminister aller Bundesländer hinter seinen Reformplänen stünden. „Denn es liegt auf der Hand, dass wir den Erneuerbaren-Ausbau belohnen sollten. Ich kann den Frust vieler Bürger und Regionen darüber gut verstehen.“
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte mit Blick auf die Erneuerbaren Energien, es müsse Ziel sein, die ausbaubedingten Netzkosten zwischen den Regionen fair zu gestalten. „Zugleich setzen wir auf einen engen Dialog mit und zwischen den Bundesländern.“
Über eine Strompreisreform wird seit Längerem diskutiert. Mitte Juni hatten mehrere Länder aus dem Norden und Osten wie Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein eine faire bundesweite Verteilung der durch den Erneuerbaren-Ausbau bedingten Netzausbaukosten gefordert. Die aktuellen Regelungen für Netzentgelte führten dazu, dass Stromverbraucher in Regionen, die den Ausbau von Erneuerbaren Energien maßgeblich vorantrieben, überwiegend finanziell benachteiligt würden, hieß es in einer Erklärung zur Ministerpräsidentenkonferenz. Faire Netzentgelte seien die Grundlage für die Akzeptanz der Energiewende. Dagegen hatte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im Mai gesagt, es könne nicht sein, dass der Strom im Süden teurer und im Norden billiger sei.
Niedersachsen, Brandenburg und Schleswig-Holstein sind die Länder mit den meisten Windrädern in Deutschland. Der Ausbau der Windkraft an Land spielt eine wichtige Rolle in der Strategie der Bundesregierung, um Klimaschutzziele zu erreichen und fossile Energien wie Kohle und Gas zu ersetzen. Die Energiebranche beklagt seit Langem ein Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau der Windkraft. Insbesondere in Süddeutschland stocke der Ausbau.
Die Netzentgelte als Stromnetzgebühren sind ein Teil des Strompreises. Über diese Entgelte werden auch der Ausbau des Stromnetzes und Maßnahmen zur Systemsicherheit bezahlt. Laut einer aktuellen Strompreisanalyse des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft sind sie für Haushaltskunden 2023 um 18 Prozent auf durchschnittlich 9,52 Cent je Kilowattstunde gestiegen. Ihr Anteil am Gesamtpreis beträgt demnach 21 Prozent.
Wie das Vergleichsportal Check24 Ende Juni mitgeteilt hatte, müssen Stromkunden in Bundesländern, die verstärkt Erneuerbare Energien ausgebaut haben, höhere Nutzungsentgelte bezahlen. Am meisten zahlten Verbraucher aus Brandenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, am wenigsten in Bayern.