Ein Tunnel sieht rosa

von Redaktion

Eine rosa Treppe führt in die 160 Meter lange Röhre. Vor wenigen Wochen dominierte hier grauer Beton – mittlerweile leuchtet alles rosa. Ein Tunnel für Fußgänger und Radler am Ostbahnhof (zwischen Orleans- und Friedenstraße) ganz in Pink! Nein, es geht hier nicht um Promo für den Barbie-Kinohit – sondern um Kunst, Gemeinschaft und darum, den öffentlichen Raum besser zu nutzen. Dahinter steckt das MünchnerKollektiv „Die Städtischen“.

Die Geschichte begann vor rund drei Jahren mit einer Spraydose und einer Strafe über 900 Euro. Die Unterführung sei damals voller rassistischer und frauenfeindlicher Schmierereien gewesen, erzählt Ideengeber Francesco Sormani (27). „Ich wollte etwas dagegensetzen, den Tunnel schöner machen.“ Er sprühte einen Spruch an die Wand: „We are all one“ (Wir sind alle eins). Dazu malte er ein Herz. Die Polizei erwischte ihn. Es folgte die Geldstrafe. „Das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen.“ Er setzte sich das Ziel, den Tunnel dauerhaft zu verschönern.

Wenig später kam er mit „Die Städtischen“ zusammen – in München keine Unbekannten: Sie waren unter anderem für die Kulturinsel vor dem Gasteig HP8 verantwortlich. „Der öffentliche Raum ist der Mörtel der Gesellschaft, wo Leute zusammenkommen können, die sich noch nicht kennen“, sagt der Architekt Anouar Mahmoudi (27) von der Gruppe. Er biete viel ungenutztes Potenzial – wie in der Unterführung.

Doch solche Projekte umzusetzen, ist keine leicht Aufgabe. Zunächst musste die Gruppe die Bahn überzeugen, der der Tunnel gehört. Sie holten städtische Stellen wie das Kulturreferat an Bord, banden die Nachbarschaft ein, sammelten Spenden: Fast 100 000 Euro kamen zusammen. Viel kam von Firmen aus dem nahen Werksviertel. „Knapp drei Jahre dauerte es von der Idee zum Projekt“, sagt Architektin Hanna Fastrich (23), die die Umgestaltung mitbetreut.

Nun strichen rund einen Monat lang fast täglich bis zu zwölf Personen daran – rund vier Tonnen Farbe brauchte es dafür. Aber wieso rosa? Ein Grund: „Es ist einfach eine angenehme Farbe, die den Raum erhellen kann“, sagt Fastrich. Der positive und angenehme Effekt sei sogar psychologisch nachgewiesen. Damit das Pink nicht einfach wieder überschmiert werden kann, trugen sie sogar eine spezielle Graffiti-abweisende Schicht auf. Wohl bis zum 24. August ist die Unterführung noch gesperrt – danach lässt sie sich besichtigen.

Doch das ist noch nicht alles: Letztendlich sollen auch Künstler in wechselnden Ausstellungen ihre Werke in der Unterführung ausstellen. Eine Kunstgalerie für alle! Im Herbst soll es losgehen. Der genaue Termin steht noch nicht fest. JULIAN LIMMER

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