Der September und Oktober würden „dieses Jahr deutlich besucherintensiver als in den letzten Jahren“. So beschreibt Martin Stürzer, stellvertretender Vorsitzender des Dehoga-Kreisverbands München, das, was sich gerade anbahnt: ein Ansturm auf Münchens Hotels – dank Wiesn, Automobilmesse IAA und Immobilienmesse Expo Real. „Zwei Drittel der Hotelkapazitäten sind für die Hochphase mindestens schon ausgebucht“, sagt der Fachmann aus dem Hotel- und Gaststättenverband, „schließlich gibt es jetzt keine Einschränkungen mehr durch Masken auf der IAA wie 2021, und die Firmen laden ihre Kunden wieder zum Oktoberfest ein.“ Kurz: In der Stadt wird es im September und Oktober zu gehen wie in einem internationalen Taubenschlag.
Wer in einem der Mittelklasse-Innenstadthotels anruft, oder in einem der kleineren Häuser, bekommt nur noch eins zu hören: „Oktoberfest ist voll!“ Auch zur IAA-Eröffnung sei man ausgebucht, meldet etwa das Hotel Krone an der Theresienwiese. Man sei „fast ganz voll im September“, heißt es nebenan im Hotel Seibel. Dietmar Holzapfel, Chef des Gay-Hotels Deutsche Eiche im Gärtnerplatzviertel, sagt: „Wir sind schon seit September 2022 komplett voll. Die Leute haben Nachholbedarf. Und Städtereisen sind immer beliebt.“ Aber auch außerhalb ist es eng. Nur noch der erste Wiesn-Samstag sei frei, alle anderen Wochenenden ausgebucht, informiert zum Beispiel das König Ludwig 2 in Garching.
Preise? Die sind zur Wiesn wie immer eklatant. Laut einer Studie des Portals Check24 beträgt der durchschnittliche Preis für eine Nacht am letzten Wiesn-Samstag 377 Euro. Um bis zu 348 Prozent höher als sonst sind die Preise an diesem Tag. Top-Beispiel: Das Munich Deluxe Hotel an der Schwanthalerstraße kostet am 30. September 565 Euro pro Nacht (mit Frühstück), zu Normalzeiten sind es 126 Euro. Das günstigste Zimmer gibt es an dem beliebten Tag im Ibis München City Süd (261 Euro, sonst 94), das teuerste im Rocco Forte The Charles (3200 Euro, sonst 1710).
Für Otto Normalbucher wirkt das wie Nepp. Jedoch sind Hotels dringend auf solche Hochsaison-Preise angewiesen, erklärt Martin Stürzer. „Es gibt kein aufblasbares Hotel“, sagt er. „Die Fixkosten für Heizung, Wasser und Personal laufen ja immer weiter, auch in Zeiten, in denen die Auslastung vielleicht nur 50 Prozent beträgt, wie etwa im August. Da ist es unabdingbar, dass die Hoch-Zeiten die schwachen Phasen ausgleichen. Sonst schreiben die Hotels rote Zahlen.“
Obendrein laufen die Buchungen heuer komplizierter ab, denn: „Die Gäste buchen nur noch sieben Tage im Voraus, nicht mehr Monate vorher. Sie sind preissensibler geworden. Firmen zum Beispiel richten jetzt ihre Event-Termine nach den Hotelpreisen.“ Das verrät ein Hoteldirektor, der nicht genannt werden will. Es gibt also ein tägliches Hauen und Stechen um Preise und Termine an den Rezeptionen.
Interessant wird der Ansturm auch wegen des herrschenden Personalmangels im Gastgewerbe. „Viele Hotels suchen händeringend Mitarbeiter“, weiß Stürzer. Zwar hätten sich die Gastgeber vorbereitet, indem sie seit Mai neue Leute gut einarbeiten, jetzt im August den Leuten viel freigeben und im September dann auf höhere Arbeitszeiten setzen. Bei Vollhotels dürfe die Arbeitszeit zum Beispiel auf zehn Stunden täglich angehoben werden, so der Experte. „Trotzdem müssen alle anpacken, der Rezeptionist vielleicht mal die Betten machen. Köche sind aber unersetzbar.“
Was die Gäste davon spüren, wird sich zeigen. Womöglich gibt es ein kleineres kulinarisches Angebot, Falten im Laken oder das Zimmer wird nur jeden zweiten Tag gemacht. Den Fall, dass die Hotels wie im Januar ganze Etagen schließen müssen, „werden sie aber um jeden Preis vermeiden“. Das heißt: Eine Chance auf ein Zimmer gibt es immer. Es ist nur eine Frage des Geldes.
Die Online-Zimmervermittlung Airbnb bewertet Stürzer, selbst Hotelier, als Konkurrenz, aber keine große. „Da sind die Preissteigerungen oft noch höher“, sagt er. Derzeit kostet ein passables Wiesn-Zimmer auf Airbnb um 200 bis 400 Euro pro Nacht