Die deutsche IS-Rückkehrerin Jennifer W. ist in einem neuen Prozess um den grausamen Tod eines versklavten jesidischen Mädchens vom Münchner Oberlandesgericht (OLG) am Dienstag zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin verhängten die Richterinnen und Richter allein 13 Jahre Gefängnis wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Form von Versklavung mit Todesfolge sowie weiterer damit zusammenhängender Delikte.
Die aus Niedersachsen stammende W. war in einem ersten Prozess schon 2021 wegen dieses Verbrechens sowie wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vom OLG zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, wobei als Einzelstrafe für den Tod des versklavten Mädchens damals eine neunjährige Gefängnisstrafe verhängt wurde. Da das Gericht dabei von einem minder schweren Fall ausging, ging die Bundesanwaltschaft aber in Revision.
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil zu diesem Anklagepunkt im März dieses Jahres daraufhin wegen Rechtsfehlern auf, weshalb nun ein anderer Senat des Münchner OLG die Vorgänge um den Tod des Mädchens in einem zweiten Verfahren erneut aufrollte. Die Strafe wegen Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung wurde dagegen rechtskräftig und nicht neu verhandelt.
Nach der Beweisaufnahme in dem neuen Verfahren schloss das Gericht einen minder schweren Fall nun aus und verhängte entsprechend eine höhere Strafe. Eine Rolle spielte dabei nach Angaben der Sprecherin in den Augen des zuständigen Senats „die menschenverachtende Handlungsmotivation“ der Beschuldigten. Sie habe bei dem Verbrechen im Sinn der vom IS betriebenen Politik der Vernichtung und Versklavung des jesidischen Volks gehandelt.
W. war nach Feststellungen des Gerichts 2014 im Alter von 23 Jahren in das damalige Herrschaftsgebiet der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ausgereist und hatte dort mit ihrem ebenfalls für die Miliz aktiven Ehemann gelebt, der kurz zuvor eine von der Dschihadistenmiliz gefangen genommene jesidische Frau und ihre fünfjährige Tochter als Sklavinnen gekauft hatte.
Später lebte W. mit ihrem Ehemann im Irak, wo der IS zeitweise größere Gebiete beherrschte. Dort mussten die Jesidin im Haushalt des Paars Sklavenarbeit verrichten, wobei sie von dem Ehemann –teilweise auch nach Beschwerden von W. – misshandelt wurde. Im August 2015 schließlich band der Mann deren Tochter im Hof des gemeinsamen Wohnhauses bei großer Hitze in praller Sonne so lange an ein Fenstergitter, bis es dort qualvoll starb.
W. unternahm laut Urteil trotz der von ihr erkannten Todesgefahr für das Kind nichts und ließ es sterben. Strafschärfend wog nach Einschätzung des Gerichts auch ihr Verhalten nach der Tat. So hielt sie der weiterhin versklavten Mutter des Mädchens eine Pistole an den Kopf und drohte ihr mit Erschießung, falls sie nicht aufhöre, um ihr ermordetes Kind zu weinen. afp