Dank Isarplan bringt ein Hochwasser die Münchner nicht gleich in furchtbare Bedrängnis. Das Wasser fließt über das Isarbett und die umliegenden Hochwasserwiesen ab. Blickt man jedoch in die braungrünen Fluten, bekommt man trotzdem ordentlich Respekt. „Die Reißende“, wie der Name der Isar ursprünglich auf Indogermanisch bedeutet, kann ganz schön ungestüm werden! Ein Besuch am Ufer, besprochen mit Experten.
„Die Isar ist ein alpines Gewässer und damit ein Sommerhochwasser führender Fluss“, beschreibt das für die Isar zuständige Baureferat. Und genau diesen Charakter zeigt der Fluss jetzt gerade mit voller Kraft: Der Wasserpegel stand gestern bei 321 Zentimetern, die städtischen Experten mussten Meldestufe 2 ausrufen. Das heißt, die Fuß- und Radwege am Ostufer wurden gesperrt, ebenso wie der Marienklausensteg und der Flauchersteg.
Wann die Sperrungen wieder wegfallen, kommt auf den Regen an. Der Ein-Tages-Trend des Hochwassernachrichtendienstes Bayern hält es für möglich, dass der Wasserstand morgen auf rund 250 Zentimeter sinkt – dann wären die beiden Stege wieder frei. Um die Radwege wieder benutzen zu können, müsste Meldestufe 1 unterschritten werden, ein Pegelstand von 240 Zentimetern. Gesperrt ist derzeit auch der Zulauf zur Floßlände, „aus Sicherheitsgründen“, wie das Baureferat meldet.
Im Norden wiederum nutzt das Wasserwirtschaftsamt die Fluten für eine besondere Maßnahme. Am Oberföhringer Wehr, wo Fluss und Kanal geteilt werden, wurden die Schleusenklappen aktuell so eingestellt, dass alle Wasserkraft in die Isar rauscht. „Wir nutzen die derzeitige Hochwassersituation, um eine sogenannte Stauraumspülung durchzuführen“, erklärt Florian Klein, stellvertretender Leiter des Wasserwirtschaftsamts. Im Bereich des Oberföhringer Wehrs habe sich teils zu viel Kies angesammelt, der anderswo, weiter nördlich, fehle. „Jetzt nutzen wir die Schleppkraft des Wassers, um den Kies zu verschieben. Für die Ökologie der Isar ist dieses Hochwasser eine unglaublich wertvolle Maßnahme, weil sie sich selbst formt.“
Kaum zu glauben, aber Boot fahren und Schwimmen in der Isar sind im Moment noch erlaubt. „Ein Verbot kann aber in Einzelfällen ausgesprochen werden und ist derzeit in Prüfung“, sagt das Referat für Klima- und Umweltschutz, das für solcherlei Verbote zuständig ist. Wer jetzt ins Wasser geht, riskiert so einiges: Geeignete Ausstiegsstellen aus dem Wasser können überflutet sein, Treibgut bedeutet Verletzungsgefahr, das Paddeln erfordert wesentlich mehr Kraft. Und: „Die Wasserqualität sinkt, da sich Gefahrenstoffe im Wasser befinden können“.
Für Isar-Tiere und -Pflanzen besteht seit dem Bau des Sylvensteinspeichers laut den Experten des Umweltschutzreferats weniger Gefahr bei Hochwasser als früher. Auch brüten jetzt keine Wasservögel. Deren Jungtiere wären den Fluten relativ schutzlos ausgeliefert. Doch für jetzt könne man sagen, „dass die Natur mit Hochwasser gut umgeht“.
Was aber, wenn der Regen wiederkommt? Sollte der Pegel das Maß von 450 Zentimetern erreichen, wird die Sperrung der Thalkirchener Brükke vorbereitet – tatsächlich gesperrt wurde sie zuletzt 1999. Bei einem Stand von 480 Zentimetern ist die Kläranlage Schäftlarn überflutet, ab 540 Zentimeter das Pumpwerk der Wasserversorgung.
Doch fürs Wochenende sind 24 Grad mit nur leichtem Regen gemeldet. Das heißt unter anderem, dass das Isarinselfest (1. bis 3. September) stattfindet, wie das KVR bestätigt, „Allerdings unter Auflagen.“ ISABEL WINKLBAUER, MARTIN BECKER