Einmal nicht staunend nach oben blicken, sondern runterschauen. Von Gebäuden, die jeder kennt – aber nicht von innen – es sei denn, man arbeitet hier. Wir sind München aufs Dach gestiegen und haben Menschen besucht, die Arbeit mit Aussicht genießen.
Im Hotel am Hauptbahnhof
Von außen betrachtet fällt man wohl nicht aus allen Wolken, wenn man das NH Collection München Bavaria betrachtet, einst Deutscher Kaiser genannt. Die Aussicht aus dem obersten Stockwerk in fast 100 Metern Höhe sucht dafür ihresgleichen. Sky16 heißt diese Nobel-Location, die für 2000 Euro am Tag gemietet werden kann. Hinter einer dreifach verglasten Fensterfront hat man überdies einen fantastischen Blick auf den Hauptbahnhof und die Gleise Richtung Westen.
Davon schwärmt auch Hoteldirektor Christian Gindele (47). Der Hotelchef bezeichnet sich als „sehr operativ orientiert“, ist also viel im Hotel unterwegs. Wann immer er ein paar Minuten Zeit hat, fährt er mit dem Aufzug hoch und genießt die Aussicht über die Stadt. Ein kleiner Balkon, von dem aus man die Altstadt bewundern kann, ist sein Lieblingsplatz. „Hier oben ist es magisch. Besonders wenn ich viel Stress habe, komme ich hier für ein paar Minuten hoch und sortiere meine Gedanken. Das tut gut und entschleunigt.“ Stress braucht er aber irgendwie. „Der ist das Salz in der Suppe.“
• Bauzeit: 1958–1960 • Architekt: Hans Knapp-Schachleitner • Umbau und Erweiterung: 2019 • Veranstaltungsfläche: 400 Quadratmeter • Adresse: Arnulfstraße 2
Bunt und formschön: Die ADAC-Zentrale
Der lang gezogene, leicht gewundene, fünfgeschossige Bau mündet in ein faszinierendes Hochhaus mit 22 verschiedenen Farben, 1152 Fassaden-Elementen und 30 000 Quadratmetern Glas. Es sieht aus, als ob ein Riese einen bunten Kasten quer auf den Unterbau draufgesetzt hätte – als Krönung und Kopf der ADAC-Zentrale im Bezirk Sendling-Westpark.
Im 22. Stock sitzt das Präsidium, ein Stockwerk darunter der Vorstand. Hier laufen wir einmal rund um die ovale Struktur des Gebäudes. Vorstandsassistent Paul Wilde (34) findet es „unschlagbar“, hier zu arbeiten. „Gerade in München, wo es nicht so viele Hochhäuser gibt, ist das eine wunderbare Location. Je nach Raum kann ich über die Schrebergärten im Süden und das Heizkraftwerk bis in die Alpen schauen. Auf der anderen Seite überblicke ich die Altstadt, die Olympia-Anlage – und fast 100 Meter unter mir fahren die Züge vorbei. Hier spürt man, dass alles in Bewegung ist.“
Was bewirkt die Arbeit mit Aussicht? „Wenn man über die alten Gebäude blickt und dann die einzelnen Hochhäuser dagegenhält: Das erweitert den Horizont“, sagt der Jurist.
• Bauzeit: 2006–2011 • Architekten: Sauerbruch Hutton • Höhe: 93 Meter • Etagen: 22 • Geschossfläche: 129 500 qm • Adresse: Hansastraße 19
Hoch oben im BMW-Vierzylinder
Der Vierzylinder der BMW Group ist vor 50 Jahren bezogen worden. Wenn der Wind pfeift oder im Stammwerk nebenan und im Turm gewerkelt wird, fängt das Wahrzeichen der Bayerischen Motorenwerke zu schwingen an. Das liegt daran, dass das Gebäude von Stahlseilen getragen wird, sagt uns Christian Ries (40). Er ist Abteilungsleiter Immobilien-Management der BMW Group. „Wir haben bis zum 20. Stock freie Platzwahl. Es ist wichtig, dass die Teams beieinander sind.“
In der Mitte des kleeblattförmigen Gebäudes, wo die Aufzüge (elf Kabinen, sieben Aufzugschächte) vom Keller bis in den 22. Stock fahren, führen zwei Gänge kreuzförmig durch den Stockwerks-Kern und verbinden die einzelnen Teamflächen.
Wir sind im 14. Stock auf 53,7 Meter Höhe. Der Blick: spektakulär. „Wir können in jedem Stockwerk komplett herumgehen. Egal, wo man sitzt: Es ist immer taghell – oder dunkel, je nach Jahreszeit. Hier zu arbeiten, ist Privileg und Inspiration“, sagt Ries stolz. „Der Vierzylinder ist ein Stück Identität der BMW Group, ein Wahrzeichen der Stadt und international berühmt.“
Spannende Randnotiz: Die Menschen im Hochhaus müssen sich verteilen, wenn es voll wird (über 1600 haben Platz). Auch das Gewicht pro Etage muss berücksichtigt werden. Ein Seismograf überwacht das Gebäude, checkt Seile und das Gesamtgewicht. Beruhigend.
• Bauzeit: 1968–1972 • Architekt: Karl Schwanzer • Höhe: 101 Meter • Etagen: 22 • Nutzungsfläche: 72 000 qm • Baustoff: Beton, Aluminium • Adresse: Petuelring 130