Es fährt kein Zug nach nirgendwo! Komplettes Chaos gestern Nachmittag am Münchner Hauptbahnhof: Durch eine massive Störung bei der Bahn ging gar nichts mehr auf den Schienen. Weder fuhren S-Bahnen zwischen Hauptbahnhof und Pasing noch Regional- oder Fernzüge von oder nach München.
Der Grund: Ein Oberleitungsschaden bei Laim hatte die Strecke lahmgelegt. Ein Bagger hatte nicht nur das Kabel beschädigt, sondern die gesamte Anlage. Folge: kein Bahnverkehr mehr in Richtung Hauptbahnhof, nur vereinzelt fuhren S-Bahnen – jedoch abseits der Stammstrecke, die gesperrt war. Und das zur Internationalen Automesse IAA, bei der in München 700 000 Besucher erwartet werden. Allein die Dieselzüge der Bayerischen Regiobahn ins Oberland waren laut Fahrplanauskunft nicht von den Ausfällen betroffen.
Trotzdem waren tausende Pendler und Reisende sauer und viele Bahnhöfe völlig überfüllt: In der Hauptbahnhofshalle bildete sich eine 200 Meter lange Schlange am Info-Schalter. Doch auch nach drei Stunden konnte die Bahn keine Prognose abgeben, wie es weitergeht. Erst gegen 15.30 Uhr war klar: Auch bis zum heuten Freitag wird es große Einschränkungen im Bahnverkehr geben – vielleicht sogar das Wochenende über.
Denn bei einer Erkundung in Laim hätten Techniker „festgestellt, dass das komplette Quertragwerk, das die Oberleitungen über alle Gleise spannt, beschädigt ist und repariert werden muss“, so die Bahn. „Damit ist die Oberleitung sowohl für den S-Bahn-Verkehr als auch für die Züge des Nah- und Fernverkehrs betroffen.“ Die Reparatur werde bis mindestens heute andauern, von Reisen nach oder von München sei abzuraten. Man entschuldige sich „für die Unannehmlichkeiten“. Bereits gestern konnte Pendler und Fernreisende ihre Fahrt nach München entweder gar nicht antreten oder waren unterwegs gestrandet.
Der Stau durch das Bahn-Chaos reichte quer durch Süddeutschland, wie auch Redakteur Marc Beyer aus dem Landkreis Miesbach erlebte. Problemlos war er mit seiner Frau und zwei Kindern von Ko Samui in Thailand über Phuket und Doha nach Frankfurt geflogen. Aber in Ansbach war die Fahrt leider zuerst einmal zu Ende. Eigentlich hätte der ICE nach München dort nicht halten sollen. Aber die Zugbegleiterin erklärte, dass sich die ICEs nach München schon quer durch den Freistaat stauen. Ein Mietwagen in Ansbach kostet mehr als 200 Euro, deshalb fuhr die Familie nachmittags mit der S-Bahn zum Nürnberger Hauptbahnhof. Bayer: „Wir schauen, dass wir so nah wie möglich an München herankommen. Dann kann uns der Schwiegervater vielleicht mit dem Auto abholen.“
Erst heute Mittag will die Bahn eine Prognose abgeben. Bis dahin bleibt die Hoffnung. „Die Technikteams sind mit Hochdruck dabei, den Zugbetrieb so schnell wie möglich wieder in Gang zu bringen“, sagt eine Bahn-Sprecherin. Immerhin: Fernzüge über Nürnberg nach Berlin und über Stuttgart und Frankfurt nach Hamburg sollen alle zwei Stunden wieder fahren.
Bei Redaktionsschluss gestern Abend prüfte die Bahn, leere Aufenthaltszüge als Übernachtungsmöglichkeit für gestrandete Fahrgäste auf freien Geisen aufzustellen.