Gemeinsam gegen Hass und Hetze

von Redaktion

Promis berichten über Rassismus und Diskriminierung in ihrem Alltag

VON TERESA WINTER

Manchmal sind es Worte, manchmal Blicke, die Menschen mit einer anderen Hautfarbe verletzen. Wie es ist, als Person mit sichtbarem Migrationshintergrund in Deutschland zu leben und diskriminiert, beleidigt und ausgegrenzt zu werden, haben Promis im neuen Buch „People of Deutschland“ erzählt.

Moderatorin Milka Loff Fernandes

„Ich fühle mich nicht anders. Und bin es doch. So wie ich war, war ich offenbar weniger gut. Und es gab auch niemanden, der mich vom Gegenteil überzeugen wollte. Nicht mal meine Eltern, deren Haut deutlich heller ist als meine. Sie gaben mir zwar nicht das Gefühl, dass meine dunkle Hautfarbe ein Problem sei, aber es war gleichzeitig auch nicht üblich, so etwas wie Stolz auf das Schwarzsein zu vermitteln. Niemand zeigte mir, wie schön meine Hautfarbe eigentlich war und was für eine besondere Geschichte damit verbunden ist.“

Rapper Eko Fresh

„Ich erlebe Situationen an der Tankstelle oder an der Kasse, bei denen ich nur deshalb beobachtet werde, weil ich ein Schwarzkopf bin. In der Musik bin ich von Rassismus zum Glück verschont geblieben. Hoffentlich darf die Generation meines Sohnes ohne Rassismus aufwachsen. Denn er macht definitiv etwas mit uns: mich zum Glück vom Klassenclown zum Rapstar. Aber der Rassismus hätte mich auch genauso gut auf die schiefe Bahn bringen oder meinen Traum zerstören können.“

Model Papis Loveday

„Ich muss etwa 19 Jahre alt gewesen sein, als ich beim Joggen durch Paris meine ersten Erfahrungen mit Rassismus machte. Kurz zuvor war ich mit einem Sportstipendium aus meiner Heimat, dem Senegal, nach Frankreich gekommen. Meine Hautfarbe hatte bis zu diesem Zeitpunkt nie eine Rolle gespielt. Beim Laufen stieß ich aus Versehen gegen einen älteren Mann. Ich wollte mich gerade entschuldigen, als er mich beschimpfte: ,Ihr solltet alle zurück in eure Länder!‘“ Auch später als Model kämpfte Papis gegen Rassismus. „Als schöner Mensch wirst du in der Modebranche benutzt, solange es gut läuft. Als schöner schwarzer Mensch noch mehr.“

Choreografin Nikeata Thompson

„Prominenz schützt nicht vor rassistischen Anfeindungen. Für mich ist es jedes Mal eine traumatische Erfahrung, die alte Wunden aufreißt und neue schafft und bei denen man nie wissen kann, wann und wie schwer es einen das nächste Mal trifft. Abgesehen von diskriminierenden Hass-Attacken sind es oftmals dumme, ignorante und unterschwellige Bemerkungen, verpackt als Witz. Ich denke, dass wir durch den Hass in der Gesellschaft nur weiter gespalten werden. Es ist ein ermüdender und langwieriger Kampf, dem wir uns stellen (müssen)“, so Choreografin Thompson.

Schauspieler Tyron Ricketts

Schauspieler Tyron Ricketts kämpfte in der Pubertät mit Anfeindungen von Eltern seiner Mitschüler. „Der Vater eines Mitschülers, mit dem ich bereits jahrelang das Hockeyspielfeld geteilt hatte, sagte mir vor einer Auswärtsfahrt: ,Der Kohlensack kommt bei mir nicht ins Auto.‘ Bei anderen Eltern fühlte ich mich oft abgelehnt und nicht akzeptiert, manchmal musste ich im Kinderzimmer meiner Freunde warten, weil ich nicht mitessen durfte.“

Rapperin Lady Bitch Ray

„Wenn ich am Samstag mit meiner Mutter und meinen Brüdern einkaufen ging, zischten sie wie die Schlangen: ,Türken raus!‘, ,Kümmeltürke!‘, ,Kanaken sind das!‘ Ich erinnere mich, wie ich meine Mutter anschaute und sie fragte: ,Meinen die uns damit, anne?‘ Und meine Mutter antwortete: ,Ja, kzm. Deshalb darfst du nie mit Menschen mitgehen, die du nicht kennst. Die meinen es nicht gut mit uns.‘ Erst als ich älter wurde und wirklich verstand, was Rassismus ist, hörte ich auf, mich erklären oder verteidigen zu wollen.“

Ex-Fußballer Hans Sarpei

„Während meiner Schulzeit wurde Rassismus nicht thematisiert. Im Mai 1999 spielten wir mit Fortuna Köln bei Energie Cottbus, ich war 23 Jahre alt. Es war die schlimmste Erfahrung, die ich je auf einem Fußballplatz machen musste. Bei jeder Ballberührung machte das Publikum Affengeräusche, die Leute schmissen Bananen nach mir. Auf so einen gezielten Hass kann man sich nicht vorbereiten. Wenn 80 000 dich und deinen Club auspfeifen, ist das etwas anderes. Mir ging das damals sehr nahe. Und ich fühlte mich im Stich gelassen, denn niemand unternahm etwas, keine Zeitung berichtete darüber. Ich musste ganz allein damit klarkommen.“

Moderator Mola Adebisi

Vor knapp 25 Jahren erlebte Moderator Mola Adebisi etwas Schreckliches. Er wurde zur Zielscheibe einer Band, die unter dem Namen Zillertaler Türkenjäger eine CD in der Neonaziszene veröffentlichte. Auf dem Cover: drei Menschen, die am Galgen hingen: Campino, Farin Urlaub und Mola Adebisi. „Mir wurde schlecht, ich bekam Gänsehaut am ganzen Körper. Von ,Affen gibt’s genug im Zoo‘ bis hin zu ,Deutschland braucht dich nicht‘ wurde ich hier auf das Übelste beleidigt. Noch heute fühle ich mich wie gelähmt, wenn ich an diese Stunden zurückdenke.“

Musiker Roger Rekless

„Rassismus beginnt nicht erst mit der Bluttat. Rassismus beginnt mit Blicken, Vorurteilen und Gedanken. Dann folgen Worte, Schriften, Taten. Manchmal reicht ein Blick aus, um unsere schlimmen Erfahrungen zu triggern. Viele von uns sind resilient, was diese mikroaggressiven Blicke oder Vorurteile angeht, aber mindestens genauso viele verstecken ihr psychisches Leid, um nicht noch ein zweites Ziel zum Angriff zu bieten.“

Sängerin Joy Denalane

„Ich musste von klein auf wehrhaft sein. Auch wenn jeder Angriff seine Wunden hinterließ, konnte ich durch den Schutz meiner Familie dem Alltagsrassismus trotzen. Man gewöhnt sich aber nie an diese Verletzungen. Immerhin konnte im letzten Jahrzehnt mit Bildungsarbeit und Aufklärung schon einiges an Fortschritten erzielt und Aufmerksamkeit geschaffen werden. Zum Glück gibt es mittlerweile unglaublich gute Experten, die wichtige Arbeit leisten. Denn wir leben in einer debattenreichen Zeit.“

DAS BUCH

45 Persönlichkeiten erzählen im Buch „People of Deutschland“ (Edel Verlag, 24,95 Euro) 45 Geschichten – für Zusammenhalt und gegen Diskriminierung.

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