O’zapft is: Beim Spaten-Franziskaner-Bräu an der Marsstraße schlummern zwei Holzfässer das Jahr über vor sich hin – nur zum Anstich werden sie mit Bier befüllt und zur Wiesn eskortiert. Dafür hat Prokurist Dieter Krause eine Sondererlaubnis: „Wir dürfen das Schottenhamel-Festzelt außerhalb der offiziellen Zeiten anfahren.“ Immerhin sind die 200-Liter-Brummer nicht irgendwelche Fässer. Traditionell zapft der OB an und eröffnet damit die Wiesn. Aber warum eigentlich? Wirt Christian Schottenhamel erzählt: „Früher hat sich der Festzug vor der Herzogspitalkirche aufgestellt. 1950 kam Oberbürgermeister Thomas Wimmer aus der Kirche, und mein Großvater lud ihn spontan ein, auf seiner Kutsche mitzufahren und im Zelt anzuzapfen. Wimmer hat 15 Schläge gebraucht!“
Training: Damit das besser klappt, trainiert der jeweilige OB jedes Jahr – das Anzapftraining wird geheim gehalten. Heuer fand es am 5. September statt. „Tatsächlich habe ich heuer nur eine Viertelstunde mit fünf, sechs Fässern geübt“, sagt Dieter Reiter. „Vor meinem ersten Mal bestimmt mit 50 Fässern – bis mein Daumengelenk ganz angeschwollen war.“ Fühlt sich der OB jetzt routiniert? „Eine entspannte Wiesn beginnt für mich erst eine Minute nach zwölf Uhr – dann ist die wichtigste Aufgabe erledigt“, sagt er. „Kurz vorher bin ich extrem angespannt, bekomme meine Schürze umgebunden und versuche einen konzentrierten Tunnelblick aufzubauen.“
Brotzeit im Biergarten: Dass man in Münchner Biergärten die eigene Brotzeit essen darf, ist keine Neuigkeit. Dass das auch auf der Wiesn geht, ist nicht so bekannt. Natürlich sieht das kein Wirt gern, jeder muss die Regelung aber in den Betriebsvorschriften festschreiben. Getränke müssen natürlich vor Ort gekauft werden.
Brezenfrauen: Die weiß-blauen Buden vor den Festzelten auf der Wiesn sind seit jeher von den Brezenfrauen besetzt. Die Stadt vergibt die Platzerl an bedürftige Rentnerinnen, dafür müssen sie nachweisen, dass sie Bürgergeld beziehen. 41 Brezenfrauen gibt es heuer. Sie kaufen Brezen beim Großhändler auf der Wiesn und verkaufen sie weiter. Für 18 Tage wird eine Gebühr von 115 Euro fällig.
Die Welt unter der Wiesn: Wie schaut’s eigentlich unter der Theresienwiese aus? Irgendwo muss das Bier ja hin, wenn es mal die durstigen Kehlen hinuntergeronnen ist. Tatsächlich wird das ringförmige Abwasser-Tunnelsystem nur für das Oktoberfest aktiviert. In den 1930er-Jahren wurde es direkt unter der Wirtsbudenstraßen erbaut. 2,80 Meter ist der Kanal hoch, pro Zelt führen im Schnitt drei Abwasserleitungen in den Kanal. Und dann ist da auch noch die U-Bahn: Sie rauscht direkt unterhalb der Bierbänke entlang. „Unterkellern könnten wir nicht“, witzelt Hacker-Wirt Thomas Roiderer. „Da würden wir wohl schon am Schacht kratzen.“
Fahrgeschäfte: Das U-Bahn-Netz beeinflusst auch die Anordnung der Fahrgeschäfte. Eine tonnenschwere Achterbahn darf zum Beispiel nicht direkt darüber aufgestellt werden. Überhaupt rotieren die Plätze, weiß Yvonne Heckl, Sprecherin der Schausteller. „Nicht nur die Bodenbeschaffenheit, auch der Stromverbrauch spielt eine Rolle“, sagt sie. Die meisten der historischen Fahrgeschäfte haben ihren Stammplatz, das gilt zum Beispiel für Toboggan und Krinoline.
Die Zimmer der Wirte: Die Rückzugsorte der Wirte im Festzelt betritt sonst niemand. Weinzelt-Wirt Stephan Kuffler hat uns einen Blick hineinwerfen lassen. Da steht ein Schreibtisch mit PC und ein Einzelbett aus Holz. „Mehr passiert hier auch nicht, hier arbeite ich und halte mal eine halbe Stunde Powernap“, sagt er und lacht. „Ich bin hier so wenig wie möglich, nur so viel wie nötig und eigentlich am liebsten in der Festhalle.“
Albert Einstein und die Wiesn: Was hat Albert Einstein mit dem Oktoberfest zu tun? Ziemlich viel – er war jung und brauchte das Geld! 17 Jahre alt ist der spätere Physik-Nobelpreisträger, als er im Jahr 1896 auf der Wiesn arbeitet. Als Lehrling der Firma seines Vaters, der Elektrotechnischen Fabrik J. Einstein&Cie, musste er im Schottenhamel-Festzelt Glühbirnen in Fassungen schrauben. Elektrische Beleuchtung löste Laternen damals als Novum ab.