Wer verliert die Wahl?

von Redaktion

CHRISTIAN UDE

In anderen Bundesländern – und davon gibt es immerhin 15 – gibt es bei jeder Landtagswahl eine spannende Frage: Wer gewinnt die Wahl? Das ist so spannend, weil es diese oder jene Partei sein könnte. Bayern kann da nicht mithalten. Die Frage treibt keinen Menschen um, weil das Ergebnis ohnehin von Anfang an feststeht: Die CSU gewinnt. Ungewiss war jahrzehntelang nur, wie groß x ist, wenn das Ergebnis mit Sicherheit 50 plus x sein wird. „Tempi passati, wie der Lateiner sagt“, hätte FJS gesagt. Trotzdem kann die CSU mit einem Ergebnis rechnen, das in den 15 anderen Ländern ein triumphaler Erfolg wäre. Aber halt nur dort. In Bayern gehen die Uhren anders, wie Willy Brandt einmal sagte. Und das ist ausnahmsweise für die CSU eher beschwerlich. Denn hier zählt man eher die Prozente, die zur absoluten Mehrheit fehlen. So eine Schande aber auch! Da heißt es auch auf Platz 1: Bonjour tristesse! Nix Triumphgeschrei. Eher Niederlage auf einsam hohem Niveau.

Ähnlich ist es bei Platz 2. Egal wer ihn bekommt. Sind es die Grünen, wie es in älteren Umfragen war, wäre das ein enormer Machtzuwachs im Bayerischen Landtag, aber halt nur eine herbe Ernüchterung, wenn man sich zwischenzeitlich schon an den Anspruch gewöhnt hat, sich als Kanzlerpartei fühlen zu dürfen. Da hätte schon mehr drin sein müssen! Ein Desaster! Erst recht, wenn man auf Platz 3 abrutscht.

Und bei den Freien Wählern? Da wäre jede Zahl über 15 Prozent ein Riesengewinn nach dem Endspurt! Aber auch nicht die reine Freude. Denn es wäre ja nicht eigener Hände Arbeit zu verdanken, sondern dem außerordentlichen Engagement einer Zeitung. Wenn die Freien Wähler Anstand und Gerechtigkeitsgefühl haben, dann müssen sie bei jedem Ergebnis über den sommerlichen Umfragen einen hoch dotierten Publizistikpreis der Freien Wähler stiften, der als erstes der SZ verliehen wird. Aus der Begründung: „Es kommt bei publizistischen Kampagnen nicht auf den guten oder schlechten Willen an, sondern allein auf die Wirkung. Und da haben wir allen Grund zur Dankbarkeit!“

Kommen wir zur SPD. Die muss schon zufrieden sein, wenn sie auf den 4. Platz kommt. Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Sektkorken sollten da nicht knallen. Aber wenn es bei Platz 5 – wie auf dem aktuellen Stimmzettel – bleibt? Dann wäre das ein Beleg, dass auch die Wählerschaft nichts zu feiern hat, denn wie kann man feiern, dass aus der deutschen Geschichte nichts gelernt wird?

Die AfD wird Stimmen gewinnen, das steht wohl fest. Aber sie hat keinerlei Aussicht, im Landtag etwas mehrheitlich, also mit anderen gemeinsam durchzusetzen. Frustration und weitere Verbitterung sind also garantiert.

Die Parteien, die noch nicht genannt wurden, werden erst recht nichts zu feiern haben: Sie stehen vor dem bayerischen Landtag „draußen vor der Tür“.

Alles trostlos? Nein? Es gibt auf jeden Fall Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat, sogar politische Stabilität wie immer seltener in Europa. Und für die Parteien jede Chance, sich weniger gegenseitig anzuprangern (hat nicht jede Partei selber Fehler gemacht, die sie heute gerne bei anderen anprangert?), sondern verlorenes Vertrauen, also frühere Wähler zurückzuerobern. Da ist noch riesig viel Luft nach oben.

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