Antisemitismus-Debatte in der Klimabewegung

von Redaktion

Pro-Palästina-Beiträge bringen Fridays-for-Future-Aktivisten in Erklärungsnöte

Der Nahostkonflikt spaltet die Klimabewegung – und bringt Fridays for Future in Bedrängnis. Grund sind Beiträge auf dem internationalen Kanal der Klimaaktivisten in den Sozialen Medien, die den Terror der Hamas relativieren. Die Aussagen stehen in der Kritik, israel- und judenfeindliche Ressentiments zu schüren. Konkret heißt es in dem Beitrag, „westliche Medien“ würden eine „Gehirnwäsche“ betreiben, um Menschen auf die Seite Israels zu bringen. Außerdem ist von einem „Apartheid-System“ die Rede, in dem Israel Palästinenser unterdrücke. Dann heißt es: „Dies ist kein Konflikt. Dies ist ein Genozid.“ Mittlerweile sind die Beiträge wieder gelöscht.

Unter Jüdinnen und Juden sorgt der Post für Empörung – auch in München: „Ich halte die Aussagen für brandgefährlich“, sagt Joshua Heinrich (21) vom Jungen Forum München, der Jugendorganisation der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Sie könnten dazu beitragen, Vorurteile gegen Juden auch in Deutschland anzuheizen. „Sie bewegen sich zudem im verschwörungstheoretischen Raum“, so Heinrich. Die Verschwörungserzählung, Juden würden die Medien kontrollieren, klinge darin mit an.

Den Vorwurf, sich antisemitischer Codes zu bedienen, muss sich auch Fridays-for-Future-Ikone Greta Thunberg (21) stellen: Sie veröffentliche kürzlich ein Foto auf der Plattform X, das sie mit anderen Aktivistinnen zeigt. Darauf hält sie ein Schild mit der Aufschrift: „Stand with Gaza“ (deutsch: Stehe zu Gaza). Neben ihr eine kleine Stoff-Krake. Was harmlos klingt, sorgt für heftige Kritik. So war die Krake etwa in der Propaganda des Nationalsozialismus eine gern genutzte Karikatur, um eine angebliche jüdische Weltverschwörung zu symbolisieren. Später teilte Thunberg mit, sie habe nichts von dieser Symbolik gewusst und löschte den Beitrag. Umgehend danach postete sie erneut einen Pro-Palästina-Beitrag mit einem ähnlichen Foto – nur ohne Krake.

Die deutsche Sektion von Fridays for Future distanziert sich davon – Gleiches gilt für die Ortsgruppe in München: „Wir sind eine Graswurzelbewegung“, heißt es aus München. Greta Thunberg sei nur eine von vielen Aktivistinnen, die nicht für München oder Deutschland spreche. Ebenso gelte dies für die Aussagen auf dem internationalen Account der Bewegung. Diese seien nicht abgestimmt gewesen. Die unterschiedlichen Sektionen arbeiteten unabhängig voneinander.

In München stehe man hinter dem Statement der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung, sagt eine der Münchner Sprecherinnen, Ronja Hofmann. „Wir sind uneingeschränkt solidarisch mit Jüdinnen und Juden, die weltweit und auch hier antisemitische Gewalt erleben“, hießt es darin. Das Existenzrecht Israels sei nicht verhandelbar.

Jüdischen Vertretern geht die Distanzierung nicht weit genug: Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern sowie Holocaust-Überlebende, sprach gegenüber unserer Zeitung von „extremen Judenhass“, der in den „unsäglichen Äußerungen von Fridays for Future International zum Terror der Hamas zum Ausdruck“ komme. Dass sich die deutsche Sektion davon distanziere, halte sie für richtig. Es sei jedoch das Mindeste, was zu erwarten sei. „Man wird sich aber deutlichere Konsequenzen überlegen müssen, will man das berechtigte Ziel des Klimaschutzes weiterhin glaubwürdig vertreten.“ Joshua Heinrich sieht es ähnlich: Der Name Fridays for Future stehe nun unweigerlich mit den kontroversen Aussagen in Verbindung, sagt er.

Die Frage, ob sich die deutsche Sektion nun von der internationalen Bewegung abspalten müsse, ließ die Ortsgruppe München unbeantwortet. JULIAN LIMMER

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